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Barbizon. 111
Aehrensammler folgten den Spuren der Schnitter,
wie Ruth einst auf dem Felde des Boas.
Als Millet hier die Arbeiter graben und pflügen
sah, die Frauen jäten und Kartoffeln ausnehmen, als
er sah, wie der Hirt sein Schaf bei Namen rief und
das Mädchen spinnend und strickend ihre Herde
in den Stall zurückbringt, da fühlte er sich wieder
zu Hause. Er zog Holzschuhe an, brachte einen
alten Strohhut, ein rotes Schifferhemd hervor, welches
er in Gruchy getragen hatte, und wurde wieder ein
Bauer. Dann sah er sich um nach einem eigenen
kleinen Häuschen, wo er mit seiner Familie wohnen
und ein friedliches, geschütztes Leben führen könnte,
befreit von den endlosen Plagen der Mietswohnungen
und Wirte.
Er fand bald am östlichen Ende der Strasse ein
Haus, nahe am Waldesrand und dicht neben der
Wohnung, welche sein Freund Jaque genommen.
Es war ein niedriges, einstöckiges Gebäude aus Stein,
mit einem Ziegeldach, 17 Fuss hoch, 61 Fuss lang
und 16 Fuss tief, mit der Giebelseite nach der Strasse
gelegen. Wie alle Häuser in Barbizon, lag es in
einem Hof, der von einer hohen Mauer eingeschlossen
war, in einer Ecke ein Brunnen und ein Schutzdach,
unter welchem die Kühe gemolken und die Schafe
geschoren wurden. Hinter dem Hause lag ein Garten
mit Obstbäumen, welcher sich nach dem Walde er-
streckte und dessen Pforte in die Wiesen führte.
Das Haus bestand aus zwei kleinen Stuben mit ge-
tünchten Wänden und Sparrendecke, jedes ungefähr
12 Fuss im Quadrat. Ein Nebenhaus diente als
Küche, eine alte Scheune, deren Diele einige Stufen
unterhalb des Strassenniveaus lag, wurde Millets
Atelier. In diesem feuchten, kalten Raum ohne Ofen
 
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