Barbizon.
375
den treffenden Ausdruck für seine Gedanken zu
suchen. Der falsche Begriff von Schönheit war nach
seiner Ansicht der Ruin aller wahren Kunst.
»Schönheit ist die treffende Wiedergabe des
Charakteristischen, ist die grosse, schlichte Darstellung
eines Gedankens.«
Wenn ein Bild nicht die Idee des Künstlers zum
Ausdruck bringt, so ist es verfehlt; zur Bekräftigung
dieser Auffassung zeigte er die Photographien von
Giottos Fresken in Padua, die ihm ein Freund aus
Italien mitgebracht hatte. An ihnen bewies er, wie
der Ausdruck und die Bewegung alles sei. Le beau
est ce qui convient. Als Gegensatz zeigte er dann
eine »Geburt« von Tizian und wies darauf hin, wie
den Gestalten die Rauheit des Bauerntypus fehlte,
wie der Raum einem Stall so unähnlich sei und wie
unnatürlich das nackte Kind. »Das ist der Anfang
der,Belle Peinture‘1« Wie anders dagegen eine Sterbe-
scene von seinem Liebling Poussin. »Wie einfach
und nüchtern der Raum; nur das Nötige, weiter nichts,
nur die Trauer der Familie, wie ergreifend. Die
ruhige Bewegung des Arztes, Antlitz und Hände des
Sterbenden, vielleicht sind sie nicht schön, aber sie
reden von Alter und Arbeit und Leiden. Für mich
sind sie unendlich viel schöner, als die zarten Hände
Tizianscher Bauern.«
Seine Liebe für die Florentiner hatte ihn seit
dem Tage, da er zum erstenmal seine Schritte nach
dem Louvre richtete, nicht verlassen. Ihre ausdrucks-
vollen Gesichter und Bewegungen, die Einfachheit
und Klarheit ihrer Kunst, sprach ihn mehr an als
alle moderne Malerei; von Anfang an fühlte er eine
innere Verwandtschaft. Eaton fragte ihn einst, ob er
nicht die Kunst der Japaner höher schätzte als die
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den treffenden Ausdruck für seine Gedanken zu
suchen. Der falsche Begriff von Schönheit war nach
seiner Ansicht der Ruin aller wahren Kunst.
»Schönheit ist die treffende Wiedergabe des
Charakteristischen, ist die grosse, schlichte Darstellung
eines Gedankens.«
Wenn ein Bild nicht die Idee des Künstlers zum
Ausdruck bringt, so ist es verfehlt; zur Bekräftigung
dieser Auffassung zeigte er die Photographien von
Giottos Fresken in Padua, die ihm ein Freund aus
Italien mitgebracht hatte. An ihnen bewies er, wie
der Ausdruck und die Bewegung alles sei. Le beau
est ce qui convient. Als Gegensatz zeigte er dann
eine »Geburt« von Tizian und wies darauf hin, wie
den Gestalten die Rauheit des Bauerntypus fehlte,
wie der Raum einem Stall so unähnlich sei und wie
unnatürlich das nackte Kind. »Das ist der Anfang
der,Belle Peinture‘1« Wie anders dagegen eine Sterbe-
scene von seinem Liebling Poussin. »Wie einfach
und nüchtern der Raum; nur das Nötige, weiter nichts,
nur die Trauer der Familie, wie ergreifend. Die
ruhige Bewegung des Arztes, Antlitz und Hände des
Sterbenden, vielleicht sind sie nicht schön, aber sie
reden von Alter und Arbeit und Leiden. Für mich
sind sie unendlich viel schöner, als die zarten Hände
Tizianscher Bauern.«
Seine Liebe für die Florentiner hatte ihn seit
dem Tage, da er zum erstenmal seine Schritte nach
dem Louvre richtete, nicht verlassen. Ihre ausdrucks-
vollen Gesichter und Bewegungen, die Einfachheit
und Klarheit ihrer Kunst, sprach ihn mehr an als
alle moderne Malerei; von Anfang an fühlte er eine
innere Verwandtschaft. Eaton fragte ihn einst, ob er
nicht die Kunst der Japaner höher schätzte als die