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Jean Francois Millet.

in einer kleinen Wohnung Rue Princesse 5 und hatten
weiter keine Freunde als den treuen Marolle, welcher
oft bei ihnen war und sein Möglichstes that, ihnen
zu helfen. Das Glück schien Millet verlassen zu
haben. 1842 wurden seine Bilder für den Salon
zurückgewiesen, im folgenden Jahre versuchte er es
gar nicht, auszustellen. In dieser äussersten Not nahm
er jedes Anerbieten an und malte Schilder und Por-
träts für die geringste Bezahlung. Selbst da hatte er
oft noch die grösste Mühe, sein Geld zu bekommen,
und musste sich schlecht und grob behandeln lassen.
»Das Leben,« sagte er zu Sensier, »war ein täg-
licher Kampf ums Brot.«
Als es seiner armen Frau immer schlechter ging,
wurde seine Lage noch trostloser, er machte Tag und
Nacht unsagbare Qualen durch. In späteren Jahren
hat Millet noch manche schwere Zeiten erfahren, aber
niemals wieder hat er so viel trostloses Elend erlitten,
wie in jenen Tagen. Die Jahre 43 und 44 nannte
er stets die schwersten seines Lebens, und er sprach
nur mit Schaudern von ihnen, als wenn ihm noch
die Erinnerung unerträglich bitter wäre.
Aber nie hatte er eine Klage und nie ein ge-
hässiges Wort gegen die Menschen, die ihn schlecht
behandelt hatten.
»Gewiss giebt es schlechte Menschen in der
Welt, aber es giebt auch gute, und ein guter Mensch
entschädigt für viele, die schlecht sind. Ich habe
manche hilfreiche Hand gefunden und habe keine
Ursache zum Klagen.«
Indessen arbeitete er mit unermüdlichem Eifer.
Er machte Studien, malte Bilder, und war er in Not
um AAaterial, so zerstörte er die fertige Arbeit und
fing auf derselben Leinwand eine neue an. Auch
 
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