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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI article:
Bone, Karl: Die deutsch-nationale Kunstausstellung in Düsseldorf, [1]
DOI article:
Wolter, Franz: Münchner Jahresausstellung im kgl. Glaspalast 1907, [1]
Citation link: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christliche_kunst1907_1908/0032

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MÜNCHENER JAHRESAUSSTELLUNG 1907

RUDOLF HARRACH KELCH
Für die St. Paulskirche in München. Text s. Beilage S. i


Die Entwürfe von Professor J. Kleesattel zeigen
die neue Kirche für Düsseldorf-Rath, durchaus
romanisch, in dem vom Künstler bevorzugten
Stile; eigenartig freundlich wirkt der kleine
Portal-Vorbau mit den flankierenden Halb-
türmchen, die sich an den Hauptbau anlehnen.
Die leicht aufstrebende Salvatorkirche-Breslau
(L. v. Abbema) in vorherrschend spätgotischem
Stil wirkt mehr gefällig als ernst. M. Korns
romanische Entwürfe wirken in ihrer ungleich-
mäßigen Längshalbierung, die freilich durch
äußere Verhältnisse geboten sein mag, nicht
besonders sympathisch, soviel gutes sie auch
im einzelnen präsentieren; dasselbe gilt von
seinem Entwürfe für Jülich. Die Kirche zu
Lichtenthal bei Baden (Entwurf von Krämer
und Herold) mit ihrem endlosen kahlen Lang-
hause, derarmen zopfigen Fassade, dem nackten
schweren Turm kann weder erfreuen noch er-
bauen. So wenig auch in dem allem der Zahl
nach geboten ist, so genügt es, um der hie
und da auftauchenden und auch wohl einmal
stark hervortretenden Täuschung zu wider-
sprechen, als seien die »alten« Stile, gut genu g
für ihre Zeit, abgetan, als arbeiteten die »Heu-

tigen« auf frischer — tabula rasa, und als
dürfe der Blick nach fröhlichem Abschieds-
zwinkern nach den »gleich- oder minderwer-
tigen« alten romanischen und gotischen und
gar erst byzantinischen oder neuzeitlichen (17.
und 18. Jahrhundert) Stilmeistern hin mit dem
Bewußtsein gewisser self-made men in die
Zukunft hineinstolzieren. Allerhand Elemente,
aus bekannten alten und unbekannten fremden
Ganzen und Arten herausgepflückt und in
eine farblose Brühe gesetzt, bedeuten für An-
bahnen eines »neuen Stiles« nicht mehr
als ehrliches und eingestandenes Studieren
und Pflegen jener alten Stile; zu einem neuen
Stile zu führen, wird das letztere eher im-
stande sein, aber nicht in der Studierstube und
auf dem Reißtisch, sondern im verständnis-
vollen offenbarenden Verkehr mit dem Geiste
der Zeit; birgt dieser Geist einen neuen
Kirchenbaustil in sich, so wird er ihn der
Menschheit, nicht einem spekulierenden und
grübelnden Architekten offenbaren und wird
ihm auch seinen Baumeister geben.
MÜNCHENER JAHRESAUSSTEL-
LUNG IM KGL. GLASPALAST 1907
Von FRANZ WOLTER
Immer mehr bilden sich in dem großen
Glashause, das für Ausstellungszwecke der
schönen Künste nicht mehr so recht den An-
sprüchen der Jetztzeit genügen will, Sonder-
gruppen, die mit Aufbietung aller Kräfte die
Aufmerksamkeit auf sich lenken möchten.
Eine Unmenge von Arbeitskraft, Intelligenz
und Können drängt sich hier zusammen und
doch ist das Ergebnis am Schlüsse einer jeden
Ausstellung gering. Die Dezentralisation geht
dabei unaufhaltsam weiter und während vor
Jahren alle große Kunst zum ersten Male
in München vor die erstaunten Blicke des
Publikums trat, suchen die vielen Städte des
Deutschen Reiches mit lokalen Kunstausstel-
lungen hervorzutreten und mit den großen
Zentren um ihren tonangebenden Einfluß zu
ringen. Das Kunstempfinden der großen Menge
verflacht immer mehr, die Jagd nach den Ver-
gnügungen des Tages, die Reiselust, das Auto-
mobil, lassen ein stilles, ruhiges Genießen —
der wichtigste Faktor für das Leben der Kunst
— nicht mehr aufkommen. Es tritt ein Aller-
weltsgeschmack ein, der eben gar keiner ist,
es fehlt an einer künstlerischen Kultur; von
diesem Übelstand werden auch die Künstler
unbewußt mitgerissen. Deshalb die Erschei-
nung, daß die größten Künstler in Deutsch-
land, gerade die, welche am ehesten befähigt
 
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