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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

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Bogner, Heinrich: Der Altarraum in der Aachener Pfalzkapelle und seine Beziehung zur Baukunst der Vorzeitn
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Schermann, Max: Grünwalds "Madonna von Stuppach"
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190

GRÜNEWALDS MADONNA VON STUPPACH ^3

dem Karlsschreinrelief und dem Siegel »ad
causas« zierte schließlich ein mächtiges
Kreuz die Giebelspitze des karolingischen
Chores, um schon von außen die heiligste
Stätte des Innern, die Opferstätte, zu kenn-
zeichnen.
GRÜNEWALDS »MADONNA VON
STUPPACH«
Von Dr. MAX SCHERMAN.N
Am reichgestirnten Himmel altdeutscher Ma-
lerei herrscht das Zwillingsgestirn der Dios-
kuren, Dürer und Holbein, als glanzspen-
dender Mittelpunkt, neben dem die anderen
auf die große Menge kaum ein wirksames
Licht zu verbreiten vermochten. Ja, Dürer
war eigentlich selbst der Held und die Sonne
des weiten Reiches, die übrigen eben seine
Diadochen. Ob er in dieser souveränen Herr-
scherstellung auch fürderhin verbleiben wird?
Ein neuer Stern von hellstrahlender Licht-
fülle ist aufgegangen, ein Meteor Grünewald-
scher Kunst. Tut es seinem Glanze Ab-
bruch, daß er über dem idyllischen Kirchlein
eines schwäbisch-fränkischen Dorfes steht?
Dieses » Bethlehem « wird inskünftig nicht mehr
die geringste unter den fürstlichen Städten
altdeutscher Kunst sein!
Das Bild (auf Holz gemalt, 1,86 m lang,
1,50 m breit) befindet sich im Hochaltar der
Pfarrkirche von Stuppach (eine Stunde Weges
von der ehemaligen Deutschordensresidenz
Mergentheim). Obwohl schon im ganzen
wohl fünfmal restauriert, ist es zum Glück
recht gut erhalten. Eine schon Jahrzehnte
alte Dorftradition nannte Grünewald als Mei-
ster, ohne daß vonseiten der Kunstkenner
über die Urheberschaft tiefergehende Unter-
suchungen angestellt worden wären. Der erste
Sachkundige, der wohl auf Grünewald abhob,
scheint der Ulmer Restaurator Dirr (1880) ge-

wesen zu sein. Anläßlich der Restauration
der Kirche wurde Kirchenmaler Ettle von
Ellwangen auf das Altarbild aufmerksam, —
derselbe, der es alsdann zum letzten Male mit
viel Geschick restaurierte. Seine Vermutung
über Grünewalds Urheberschaft suchte der
Maler durch Erkundigungen in Dresden und
Nürnberg zu erhärten, ohne daß jedoch auf
Grund der ungenügenden Wiedergaben ein
bündiges Urteil über den Meister zu erlangen
war. September 1907 erschien Prof. K. v. L a n g e,
damals im Nebenamt Direktor der Stuttgarter
Gemäldegalerie, in Stuppach und bezeichnete
nach einem im Freien vorgenommenen Augen-
schein das Bild als ein Werk Grünewalds.
Treten wir der heiligen Szene auf kurze
Augenblicke näher, um in stiller Betrachtung
die unfehlbare Wirkung dieses Meisterwerkes
zu genießen.1)
Zwischen üppigem Pflanzen- und Baum-
wachstum, das uns in den sonnigen Süden
Italiens weist, gewahren wir die jungfräuliche
Mutter mit ihrem Kind in Lebensgröße, auf
einer Steinbank sitzend. Bestrickende Milde
atmet das edle Gesicht der vornehmen Frau.
Ihr zärtlicher Blick ruht auf dem blondge-
krausten Köpfchen des entzückenden, frischen
Knaben, dem sie mit zierlichster Hand einen
Granatapfel reicht. Wie ein kristallener Quell
perlt der lange, mitten gescheitelte Haarstrom
in flachsblonden Wellen, von unendlich vielen
intimsten Lichteffekten beleuchtet, über ein
sattblaues, violett gefüttertes Mäntelchen. Dar-
unter trägt die Gottesmutter als Hauptgewand
ein goldbrokatenes, karminrotes Ärmelkleid,
das mit silbergrauem Pelz verbrämt ist und
*) Eine Publikation und ausführliche Besprechung von
K. v. Lange ist vor kurzem im i. Heft des Jahrbuchs
der König 1. Preußischen Kunstsammlungen
1908 erschienen. Die nach S. 192 eingeschaltete Abbil-
dung ist nach einer Photographie (30X40) aus dem
Atelier des Hofphotographen L. Ho 11-Mergentheim an-
gefertigt.
Der Abdruck dieses Artikels verzögerte sich infolge
Raummangels.

Fig. 12. S. Giacomo di Rialto in Venedig nach Mothes.
» 13. Aachener Münsterchor nach Lenoir.
» 14. Ursprünglicher Aachener Unterchor nach Buch-
kremer.
» 15. Ursprünglicher Aachener Oberchor nach Buch-
kremer.
» 16. Ursprünglicher Aachener Münsterchor nach
Mertens.
» 17. Chor der Kirche in Ottmarsheim nach Burck-
hardt.
» 18. Schnitt durch den Chor der Ottmarsheimer
Kirche nach Dehio und v. Bezold.
» 19. Schnitt des mutmaßlichen Aachener Münster-
chores nach Essenwein u. a.
» 20. Säulenabschluß des Oberchores im Aachener
Münster nach Simar (aus Buchkremer).

Fig. 21.
> 22.
» 23.
» 24.
» 25.
> 26.
» 27.
» 28.
» 29.

Säulenabschluß des Oberchores nach Buch-
kremer.
Aus der Papstkrypta (Coemeterium S. Callisto)
nach v. Reber.
Presbyteriumssäulen in der St. Paulskirche
nach Hübsch.
Presbyteriumssäulen im Dome auf Torcello
nach Kraus.
Säulenabschluß in den Caracallathermen nach
Baumeister.
Ursprünglicher Oberchor des Aachener Mün-
sters nach Bogner.
Schnitt durch den mutmaßlichen Aachener
Münsterchor nach Bogner.
Chor des Domes zu Fulda.
Chor von S. Vitale zu Ravenna nach v. Quast.
 
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