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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI Artikel:
Leinhaas, G. A.: Meine Kunstsammlung
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GOTISCHER ALTARSCHREIN; 2 m breit
Text S. 126


MEINE KUNSTSAMMLUNG
Von GUSTAV A. LEINHAAS, Kgl. Professor

Nachdem Vorstände der hervorragendsten
deutschen Staatssammlungen und andere
Kunstgelehrte von Ruf meiner Kunstsamm-
lung ungeteiltes Interesse entgegenbringen,
glaube ich es weiteren Kreisen von Kunst-
freunden schuldig zu sein, sie im folgenden
mit ihr bekannt zu machen. Ich brachte die
Kollektion in den letzten dreißig Jahren bei
Gelegenheit meiner vielen Reisen zusammen.
Sie umfaßt alte, und wie ich wohl sagen darf,
treffliche Arbeiten der Plastik und Malerei und
der angewandten Kunst, besonders aus der
Zeit der Gotik und der Frührenaissance.1) Fast
alle bedeutenden Schulen der süddeutschen
Holzbildnerei sind durch charakteristische Bei-
spiele vertreten. Bei jedem Stücke war ich
bemüht, dessen Herkunft festzustellen.
Wenn sich der freundliche Besucher den

*) Hierzu die Abb. S. 121 —137.

frühen deutschen Skulpturen zuwendet, so
begegnet ihm zunächst eine merkwürdige, fast
lebensgroße Gruppe der thronenden Maria
mit dem Kinde, aus Lindenholz geschnitzt,
welche aus der Mitte des 14. Jahrhunderts
stammt. Die Haltung der geradeaus blicken-
den Maria ist streng und steif; das Haupt
ist von einer Fräsenhaube umgeben, deren
Schulterkragen ebenfalls mit einer Fräsenborte
versehen ist. Das Untergewand liegt glatt
an dem schwach modellierten Oberkörper an,
dagegen ist der Mantel in den untern Partien
in reichen Falten geworfen. Auf ihrem Knie
steht das mit langem Hemd bekleidete Kind,
das die linke Hand an die Brust der Mutter
legt, während die fehlende Rechte wohl einen
Vogel hielt. Die Gruppe zeigt eine unver-
kennbareVerwandtschaft miteinerkleinen thro-
nenden Maria aus Elfenbein aus dem 14. Jahr-
hundert im Münchner Nationalmuseum.
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Die christliche Kunst. IV. 6. r. März 1908
 
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