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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

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Holland, Hyacinth: Zur Erinnerung an den Historienmaler Julius Frank: geb. 11. April 1826 zu München gest. 30. April 1908 ebendaselbst
DOI Artikel:
Schmidkunz, Hans: Engländer in Berlin
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ü'W JULIUS FRANK — ENGLÄNDER IN BERLIN

piner Kongregation zu Gostyn (Posen). Weiter
folgten eine Allegorie in den Arkaden des
südlichen Camposanto (München) über Dr.
Harters Familiengruft; eine Personifikation
der sieben »Ritterlichen Tugenden« (Probitates)
nebst den vier Jahreszeiten im Ahnen- und
Speise-Saal des Fürsten zu Wolfegg; ein Kranz
von deutschen Märchen im Palais Schwab zu
Wien; und viele ähnliche andere Arbeiten.
Dazwischen schuf Frank unermüdlich eine
Reihe von Altarbildern und Kartonzeichnungen
zu Glasgemälden, teilweise auch im Auftrage
König Ludwig II. für die Hofkirche der Resi-
denz, staffierte Eibners* * 6) großes Aquarell vom
»Georgi-Ritterfest-Bankett« mit zahlreichen
Porträtfiguren, assistierte seinem SchwagerWil-
helm Hauschild 7) bei der malerischen Aus-
schmückung des Thronsaals in Schwanstein.
Nur wenige seiner Schöpfungen kamen durch
Photographie in die Öffentlichkeit. Dagegen
fanden viele seiner früheren religiösen Genre-
bilder und Idyllen bei Georg Manz in Regens-
burg in kleinen Stahlstichen von Kräcker, Bar-
fus u. a. die weiteste Verbreitung. Alle seine
Kompositionen tragen eine Signatur idealer
Schönheit mit gewissenhaftester Durchbildung
der Form. Die Kunst galt ihm als heiliger,
das Leben veredelnder Beruf. Ein Epigone von
Cornelius und Heß, ein Schüler Schraudolph’s,
hatte er einen großen Teil der grandiosen
Ära König Ludwigs L miterlebt; Frank hielt
diese artistischenTraditionen in höchstenEhren.
Er war die lebendige Chronik jener nur zu
schnell wieder verrauschten schönen Zeit, be-
saß ein nie versagendes Füllhorn von Erinne-
rungen, die er gerne erzählte; leider ist nichts
davon in Schrift gebracht.
Daß ihn trotz —- oder richtiger infolge
seines strenghistorischen Gerechtigkeitsgefühls
die im Banne Renans und der folgenden Im-
pressionisten jene im Gebiete der religiösen
Malerei eindringende neuere Strömung, die
sogenannte »rationelle artistische Bibel-Inter-
pretation«, wenig sympathisch berührte, lag
in der Natur der Sache. Seine feinfühlige Auf-
fassung verteidigte beharrlich die alte Position.
Durch zwei Dezennien führte Frank unent-
wegt die Vorstandschaft des vor 48 Jahren mit-
begründeten »Vereins für christliche Kunst«.
Gleichsam als ergänzender Gegensatz zu
tober 1879 zu München) vgl. den Nekrolog in Beilage 554
»Allgem. Ztg.« vom 20. Dezember 1879
6) Friedrich Eibner Architekturmaler, geb. 25. Fe-
bruar 1825 zu Hilpoltstein, gest. 18. November 1877 in
München.
7) Über Wilhelm Hauschild, geb. 16. November
1827 zu Schlegel (Grafschaft Glatz in Preuß.-Schlesien),
gest. 14. Mai 1887 in München, vgl. »Allgem. Deutsche
Biographie« 1905, 50, 77 — 81.

dem tiefen Ernst seiner Schöpfungen trat sein
goldener, flüssiger Humor bei jeder Gelegenheit,
bei allen früheren Künstlerfesten, Faschings-
und Maienspielen mit dramatischen Inszenie-
rungen werktätig hervor, ein neidenswertes
Theaterblut beweisend. So beispielsweise bei
den Privataufführungen von Emilie Rings-
eis’ biblischem Schauspiel »Veronika« im Kgl.
Residenztheater, wo ihm ob seiner klassischen
Sprache und des reifdurchdachten Spieles lok-
kende Anerbietungen von hochstehenden, ein-
flußreichen Persönlichkeiten gemacht wurden,
sich ganz der Bühne zu widmen. Frank aber
blieb seiner Palette getreu, entsagte dem Ko-
thurn, um auf den leichtbeschwingten Soccus
einer unverwüstlichen nie verletzenden Laune
seine Ueberraschungen auch noch in spä-
teren Freundeskreisen, bei den Familienaben-
den und Ehrungen der Kunstgenossenschaft
und des Sänger-Vereins ausströmen zu lassen,
wofür ihm aus Anlaß des achtzigsten Wiegen-
festes prompte Vergeltung erblühte.
Sein schöner, feinmodellierter Kopf wurde
häufig von Porträtmalern gesucht, zuletzt noch
von Fritz Steinmetz-Noris und Leo Samberger
(Abb. S. 241).
Diese immerhin eine längere Dauer ver-
sprechende Lebenskraft fand durch ein tük-
kisches Automobil ein plötzliches Ende.
Der reiche Nachlaß dürfte erwünschtes
Material für eine gebührende Publikation bieten.
Die jüngste Jubiläumsausstellung der Allgem.
Deutsch. Kunstgenossenschaft im Glaspalast
zeigt vier Proben seiner holden Kunst. Wer
so in einem Guß sein Bestes gab, bleibt des
Dankes der Nachwelt sicher.
Dr. Hyac. Holland
ENGLÄNDER IN BERLIN
Von Dr. HANS SCHMIDKUNZ (Berlin-Halensee)
\ Tor einigen Jahrzehnten war Sir Joshua Reynolds in
Mitteleuropa sozusagen eine mythische Größe. Man
konnte ihn aus Literatur und Reproduktion heraus be-
wundern; kaum daß eine oder die andere Privatsammlung
ein Porträt von ihm besaß. Vielleicht am energischesten
hat auf ihn und auf seine ästhetisch so fruchtbaren (ob-
gleich zeitlich bedingten) Schriften der Philosoph Franz
Brentano aufmerksam gemacht; diese Anregung veran-
laßte eine Neuausgabe einiger Schriften in deutscher
Übersetzung durch die »Philosophische Gesellschaft an
der Universität zu Wien« und einen Artikel des Schreibers
dieser Zeilen in »Westermanns Illustrierten Deutschen
Monatsheften«, August 1895. Allmählich kam ein und
das andere Werk in unsere Museen und Ausstellungen,
und mit ihm auch manches von Zeitgenossen und Nach-
folgern.
Nur eine, allerdings füllhornreiche Fortsetzung dieser
Bestrebungen ist die > Ausstellung älterer englischer Kunst«
Januar und Februar 1908 in der »Königl. Akademie der
Künste in Berlin«; und die »Photographische Gesell-
schaft« zu Berlin veranstaltet danach ein Sammelwerk.
Die begreitlicherweise gewaltig und gewaltsam über-
 
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