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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI Artikel:
Weiss, Konrad: Augustin Pacher
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AUGUSTIN PACHER VISION DES HL. ANTONIUS
Entstanden 1907. Text S. 173


AUGUSTIN PACHER
Von KONRAD WEISS

FAer Künstler, von dessen Werken, in erster
Linie Glasgemälden, hier die Rede sein
soll, stellt uns vor künstlerische Taten, die
vielen Probleme, manchem einen entscheiden-
den Konflikt bedeuten und bedeuten müssen.
Er zwingt zur Stellungnahme und macht sie
nicht leicht. Mit Tradition und Gewohnheit
ist es hier nicht mehr getan, von ihnen mit-
gebrachte Urteilsmomente reichen hier nicht
mehr aus. Nicht getan ist es auch mit einer
am modernen Kunstschaffen gebildeten ein-
drucksempfänglichen, aber gedankenarmen An-
schauung. Hier ist mehr. Hier geht es an
die Wurzeln der Kunst, insbesondere auch
der kirchlichen.
Die Kunst ist unter den Zwecken kirchlich-
religiöser Ideen in Wege gewiesen, nach
Inhalt und Form bedingt; es ist angewandte
Kunst, gebundenes Gestalten. Die kirchliche
Kunstübung ist der auseinanderfliehenden
Entwicklung der Kunstgattungen, wie sie ins-
besondere die Moderne programmatisch voll-
ends gebracht hat, nicht günstig. Sie ver-
langt das Gesamtkunstwerk, stellt Aufgabe,
Bedingung. Sie läßt Ideen nachschaffen, Tran-
szendentales veranschaulichen. Gelöst vom

irdischen Zwecke tritt das Heilige in die Er-
scheinung, ersteht die Hieratik. Da ist die
Kunst Dienerin, das Kunsthandwerk erhoben.
Beide gehen in Eins zusammen. Die Grenzen
verwischen sich unter den höheren Gesichts-
punkten.
Die Moderne hat eine voraussetzungslose
Kunst gezeitigt. Sie hat die Entwicklung in
auseinanderfliehende Kunstgattungen mög-
lichst begünstigt, das Gesamtkunstwerk aber
vollständig hintertrieben. Das konnte natür-
lich auch dem Kunsthandwerk nicht zugute
kommen, das von einer zielstrebigen Kunst,
vom Zweckgedanken Seele empfangen muß.
Daher die Erscheinung, daß unser heutiges
Kunstgewerbe, so sehr es gepflegt wird, in
seiner Isoliertheit im Grunde arm ist, keine
große, naive Seele hat. Mag es von der
planlosen Linie abgekommen sein, es ist jetzt
noch ganz von der bewußten schönen Zweck-
mäßigkeit beherrscht, ein zu nahe liegender,
hausbackener und auf die Dauer leerer Ge-
danke.
Ist es die allgemeine religiöse Idee, die das
Kunsthandwerk beseelt und ihm Ziele gibt,
so vermählt sich ihr die individuelle Seele

Die christliche Kunst. IV. 7. 1. April 1908

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