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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI Artikel:
Braun, Josef: Ein bayerischer Jesuitenkünstler des späten 17. Jahrhunderts
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EIN BAYERISCHER JESUITENKÜNSTLER DES SPÄTEN
17. JAHRHUNDERTS
Von JOSEPH BRAUN S. J., Luxemburg

Dei meinen
D Studien zur
Geschichte der
Bautätigkeit
der deutschen
Jesuiten stieß
ich auf einen
Laienbruder
der oberdeut-
schen Ordens-
provinz, der zu
den fruchtbar-
sten und tüch-
tigsten Kunst-
handwerkern
gezählt werden
muß, welche
in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf
bayerischem Boden tätig waren. Ich hatte
erwartet, seinen Namen in dem so verdienst-
lichen und so vortrefflichen Werke Hoff-
manns »Der Altarbau im Erzbistum München
und Freising« wiederzufinden; denn der Bru-
der schuf auch zu München eine Reihe guter
Arbeiten. Allein ich sah mich getäuscht.
Sowohl die Person wie das künstlerische Wir-
ken des Bruders sind dem Verfasser ersicht-
lich entgangen, ja allem Anschein nach bis
jetzt überhaupt den Kreisen der Kunstfor-
scher völlig unbekannt geblieben. Es dürfte
daher angebracht sein, wenn ich den Künstler
und seine reich gesegnete Tätigkeit mit einigen
Worten in die Öffentlichkeit einführe. Der
schlichte Bruder, der in seinem Leben nicht
irdischen Gewinn, noch zeitlichen Ruhm ge-
sucht hat, und als einziges Ziel bei seinen
Arbeiten Gottes größere Ehre in der Mehrung
der Zierde des Hauses des Allerhöchsten an-
strebte, verdient eszwTeifelsohne, daßihmneben
anderen, die Minderes geleistet haben, ein Denk-
mal gesetzt wird. Sind seine Schöpfungen
auch nur ein Produkt des deutschen Barocks
mit allen Mängeln, welche diesem anhaften,
so gehören sie doch zu den besten Leistungen
ihrer Art in damaliger Zeit und offenbaren
eine Beherrschung der Formen, eine Erfin-
dungsgabe und eine Gestaltungskraft, wie sie
sicher nicht alltäglich sind. Aber auch für die


GEORG BUSCH TABERNAKELTÜRE
Pfarrkirche in Homburg

deutsche Kunstgeschichte der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts, insbesondere diejenige
Bayerns, dürften diese Zeilen nicht ohne Wert
sein. Es gibt wohl wenige Künstler aus
jener Zeit, deren Wirken sich verhältnismäßig
so vollständig darstellen läßt, wie das des
Bruders, dem dieser Aufsatz gewidmet ist.
Vornehmlich waren es die Kirchen seines
Ordens, in denen er seine Tätigkeit entfaltete,
doch schuf er auch manchen Entwurf für
auswärtige Unter den Kirchen der Gesell-
schaft Jesu war es namentlich die St. Michaels-
kirche zu München, die er mit Altären und
sonstigem Mobiliar bereicherte. Eben darum
aber dürften die nachfolgenden Ausführungen,
von ihrer allgemeineren Bedeutung abgesehen,
insbesondere für die Kunstgeschichte Mün-
chens nicht ohne Wichtigkeit sein und ver-
schiedene bemerkenswerte Ergänzungen zu
der obengenannten Schrift Hoffmanns bieten.
Der Künstler, um den es sich handelt, ist
der Laienbruder Johannes Hörmann. Zu
Mindelheim am 21. Juli 1651 geboren, trat
er am 6. Juli 1672, also in einem Alter von
21 Jahren, in die Gesellschaft Jesu ein. Er
war, als er um Aufnahme bat, seines Zeichens
scrinarius, doch wie zwei noch vorhandene
Altarentwürfe aus der seinem Eintritt voraus-
gehenden Zeit bekunden, schon damals kein
gewöhnlicher Schreiner, sondern Kunst-
schreiner. Die beiden Zeichnungen finden
sich in einer Sammlung von Entwürfen,
Plänen und Skizzen, welche Bruder Hörmann
kurz vor seinem Tode in zwei Foliobänden
zusammenstellte (Abb. S. 50 und 51). Die-
selben gehören jetzt der Handschriftenabtei-
lung der K. Bayerischen Staatsbibliothek zu
München an und führen beide den gleichen
Titel: Delineationes variae cenotaphiorum,
altarium, tabulatorum aliarumque structura-
rum, quas manu sua affabre descriptas expressit
et in tomum istum congessit charissimus frater
noster Joannes Hoermann, Mindelhemensis,
Suevus, arte sua scrinarius etc. (folgen die
Lebensdaten) L)
x) Cod. germ. 2643/1 und 2, Bd. II, trägt das Jahres-
datum 1693. Doch war damals der Band noch keines-
wegs abgeschlossen, da sich in ihm auch Zeichnungen

Die christliche Kunst. IV. 3. 1. Dezember 1907.

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