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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI Artikel:
Graßl, P.: Der Hochaltar in der Parrkirche zu Rottenbuch
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234

©.W DER HOCHALTAR IN ROTTENBUCH KV


DER HOCHALTAR IN DER PFARR-
KIRCHE ZU ROTTENBUCH
Dr. Richard Hoffmann schreibt in seinem
Werke : »Der Altarbau im Erzbistum Mün-
chen-Freising, München 1905«, S. 255, von
dem Weilheimer Bildhauer Franz Xaver
Schmädl, daß derselbe als Altarbauer eine
hervorragende Stelle einnimmt, und nennt
unter dessen Werken vor allem den Chor-
altar nebst einigen Seitenaltären des imposan-
ten Gotteshauses zu Rottenbuch. Leider
gibt Dr. Hoffmann keine nähere Beschreibung
und auch keine Abbildung von einem dieser
Altäre. Und doch ist besonders der Hoch-
altar der Rottenbucher Pfarrkirche nicht bloß
imposant durch seinen gewaltigen Aufbau
und die Größe und Schönheit
seiner Figuren, sondern her-
vorragend interessant durch
die treffliche Art und Weise,
wie der Künstler es verstan-
den hat, seiner Aufgabe, Ma-
ria in ihrer Geburt zu verherr-
lichen, gerecht zu werden. Der
Hochaltar ist vor 50 Jahren ab-
geändert worden, indem er das
jetzige Altarbild erhielt, wäh-
rend er früher nur plastische
Figuren besaß. Noch in sei-
ner gegenwärtigen Form ist
der Altar imposant und inter-
essant, in seiner ursprünglichen
Gestalt aber werden ihm we-
nige Altäre aus dem 18. Jahr-
hundert gleichgekommen sein,
besonders was seine künstle-
rische Einheitund harmonische
Durchführung der ihm zugrun-
de liegenden Idee betrifft. Wir geben im nach-
folgenden eine Geschichte, und soweit nötig,
eine Beschreibung und Erklärung des Hoch-
altars in der ehemaligen Klosterkirche und
nunmehrigen Pfarrkirche zu Rottenbuch im
Bezirksamte Schongau.
Der Altarstipes erhielt im Jahre 1852 eine
Verkleidung aus Füssener Marmor, nachdem er
bis dorthin, wie der Akt besagt, nicht anders
als mit Antipendien verkleidet gewesen war,
welche, noch aus der Klosterzeit stammend, all-
mählich sämtlich schadhaft geworden waren.
»Der Altarstein«, heißt es in dem gleichen Be-
richt an das Ordinariat, »ist ein großer massiver
Sandstein, der über den Sockel, auf dem er ruht,
an der oberen Kante ohngefähr U2 Schuh her-
vorragt. Die sogenannten Nebenstühle, welche
bisher an Festtagen von Holz angefügt wur-
den, sind nun ebenfalls von Marmor.«

Der Altaraufbau, 1738 —1740 von dem Bild-
hauer Franz Xaver Schmädl in Weilheim er-
baut, zerfälltin einen Tabernakelbau und einen
Hochbau. Dem Tabernakel, ursprünglich zum
Drehen eingerichtet, ist rechts und links ein
Reliquienschrein angegliedert, der durch ge-
drehte Säulchen aus rotem, von weißen Adern
durchzogenem Marmor in drei Felder geteilt
ist. Die Vorderseite dieser Schreine bilden
die Umrahmung zu Kästchen, in denen hinter
Glas heilige Häupter und andere Reliquien,
in Gold gefaßt, auf rotem Seidengrunde sicht-
bar werden. Im Jahre 1899 wurde der Taber-
nakel einbruch- und feuersicher gemacht, be-
kam im oberen Teil statt der Drehvorrich-
tung Schiebtüren, und die Reliquienbehält-
nisse im Innern des Altarschreines erhielten
die Dreieckform und wurden
auf den beiden neuangefügten
Seiten mit flachgeschnitzten
Symbolen versehen, so daß dem
Tabernakelbau durch eine ein-
fache Drehung der Kästchen,
je nach dem Charakter des Kir-
chenjahres, eine andere Stim-
mung gegeben werden kann.
Kommen Festzeiten, in denen
das Allerheiligste häufiger aus-
gesetzt wird, so werden statt
der Reliquien die Symbole des
hl. Altarsakramentes, auf wei-
ßem Grunde, in Gold gefaßt,
sichtbar und verleihen dem gan-
zen Altar einen überaus festli-
chen Charakter. Zur Advents-
und Fastenzeit tragen die Lei-
denswerkzeuge des Herrn, in
goldgefaßtem Relief auf vio-
lettem Grunde, der ernsten
Bußzeit Rechnung.
Der Tabernakelbau ist gekrönt mit drei
geschnitzten Figuren in Weiß mit den Sym-
bolen von Glaube, Hoffnung und Liebe in
Gold. Überaus lieblich, anmutig und erbauend
sind die beiden Engelchen neben dem Taber-
nakel, der eine das Haupt senkend in tiefer
Betrachtung, der andere in heiliger Begeiste-
rung auf blickend zu dem im Sakramente gegen-
wärtigen Heiland (Abb. S. 236 u. 237). Eine
vorzügliche Arbeit ist auch das Altarkreuz aus
Ebenholz mit zierlichen Silberornamenten und
vergoldetem Christus.
Patronin der Kirche ist die allerseligste Jung-
frau Maria, und zwar wird von jeher am
Feste Mariä Geburt (8. September) das Patro-
zinium gefeiert. Darum dient auch der Hoch-
bau des Altars zunächst zur Verherrlichung
Mariens. Wenn die beiden Apostelfürsten

MARIA ALS KIND
Text S. 237
 
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