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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 4.1907/​1908

DOI Artikel:
Staudhamer, Sebastian: Etwas vom Porträtieren
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66

öw ETWAS VOM PORTRÄTIEREN

MEYER-FELICE ERZBISCHOF Dr. VON ABERT


herausleuchtet. Andere Künstler legen
das Hauptgewicht auf das »Arrange-
ment« und man könnte manche Por-
träts bezeichnen als: »Der blaue Hut«.
»Das weiße Kleid«, »Harmonie in Lila«,
wie es die Künstler öfters auch tun,
um den Beschauer über ihre Absichten
aufzuklären. Oder man malt ein Stück
Interieur oder eine ganze Landschaft mit
hinein, um das »Milieu« zu zeigen und
um zu veranschaulichen, wie die darge-
stellte Persönlichkeit im Raum bezw.
in der freien Luft unter bestimmten
Beleuchtungsverhältnissen erscheint; so
Trübner bei seinen Reiterbildnissen.
Hiebei verwischen sich häufig die Gren-
zen des Porträts und es entstehen Ge-
mälde von dekorativer Wirkung, deren
Schwerpunkt auf anderen Gebieten liegt,
als auf jenem des Bildnisses. Zu ver-
werfen ist diese Auffassung gewiß nicht,
ja sie läßt vorzügliche Lösungen zu,
wie z. B. das Damenporträt des großen
spanischen Meisters Sorolla y Bastida
S. 69 beweist. Sehe jeder, wie er je
nach seiner Anlage zu einem guten
Ziele komme!
Besondere Schwierigkeiten bietet das
Gruppenbild. Unsympathisch berührt
ein steifes Nebeneinander, bei dem man
sofort das »Gestellte« merkt; ein Grup-
penporträt darf nicht so tot wirken,
wie die sogenannten »lebenden Bilder«.
Können die Personen zu einander ohne

Schauspieler, dann fühlt man heiligen Respekt,
von dem auch auf den Maler ein Reflex zurück-
fällt. Vor Damenbildnissen wird man kaum
hören, ob sie gut oder schlecht gemalt sind,
sondern es fallen Bemerkungen wie: Die ist
nicht hübsch, das Kleid ist geschmacklos, die tut
so affektiert usw. Arme Maler! Man will
also nicht sehen, wie ihr bestrebt wäret, in
euere Bilder ein Stück Seelengeschichte zu
legen und es mit mannigfaltigen Mitteln eurer
Kunst für alle Zeiten wertvoll zu machen,
indem ihr euch besondere malerische Probleme
stelltet. Ihr suchtet neue Lösungen im Licht,
in der allgemeinen Anordnung, in der farbigen
Wirkung! Die eigentlichen Porträtisten, die
das Seelische stark betonen, z. B. Samberger,
pflegen sich in den letzteren Beziehungen
große Mäßigung aufzulegen und höchstens
einmal bei Damenbildnissen mit komplizier-
teren Wirkungen zu arbeiten. Sie lieben
meistens einen ruhigen, neutralen Hinter-
grund, verzichten auf lebhafte Lokalfarben
und lassen große graue, schwarze, braune
Flächen vorherrschen, aus denen das Antlitz

innern Zwang in einen geistigen Zusammen-
hang gebracht und diesem entsprechend
gruppiert werden, wie es z. B. Beckert auf
dem Bilde S. 63 getan, so ergibt sich am
ehesten eine geschlossene Wirkung. Auch
Rembrandt, der Meister des Gruppenbildes,
bediente sich solcher Züge.
Lebhaft begrüßen wir es, daß das Ver-
ständnis für die eigenartigen Vorzüge des
plastischen Porträts, der Bildnisbüste, in Zu-
nahme begriffen zu sein scheint. Wie an-
heimelnd malerisch kann nicht eine Büste in
Terracotta oder Holz, leicht getönt, wirken,
wenn sie mit Geschmack am rechten Ort
aufgestellt ist! Welch feines Spiel der Lichter
hegt nicht über einer künstlerischen Bronze,
sei sie Büste oder Relief (Plakette!), und wie
vergeistigt spricht der edle Marmor, wenn
eine Meisterhand ihn zum Bildnis gestaltet hat!
Da ich nicht beabsichtige, die Geschichte
der Porträtkunst zu schreiben, sondern nur
unsern Bildern ein Begleitwort mitgeben will,
so kann ich hiermit schließen. Nur möchte
ich denen, welchen es ihr Einkommen ge-
 
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