Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0043
DOI issue:
Heft 1/2
DOI article:Bombe, Walter: Florentiner Miniaturen
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FLORENTINER MINIATUREN
Lehrer fcheint Verrocchio gewesen zu [ein, deffen Taufe Chrifti er auf einem feiner
Blätter (Tafel 97) getreulich kopiert. Auf 160 Bände, das zehnfache des früher ihm
Zugefchriebenen, beläuft fich jeßt, nach den Forfchungen D'Anconas, das Werk des
Meifters. Allein in Schrank 12 der Laurenziana hat D'Ancona 15 Bände gefunden,
die er auf den erften Blick und ohne Zögern als Werke Attavantes erkannte. Als
fein früheftes Werk ift jenes Meßbuch zu betrachten, das ihm der Bifchof Thomas
James von Dol in der Bretagne in Auftrag gegeben hatte und das 1881 durch Leopold
Delisle im Domfchaß zu Lyon wieder aufgefunden wurde. Das von 1483 bis 1484
ausgemalte Buch, aus dem wir das Jüngfte Gericht zur Wiedergabe auswählen (Abb. 8),
ift zugleich feine fchönfte Arbeit, wenn auch nicht der ganze Bilderfchmuck eigenhändig
ausgeführt ift. ln der Eleganz der Darftellung und in der blühenden Schönheit des
Kolorits werden feine Arbeiten nicht übertroffen von denen feines Nachfolgers Giovanni
Boccardino, der neben handwerksmäßigen Leitungen aber auch folche von hohem
künftlerifchen Wert aufzuweifen hat, wie die hierneben abgebildete Kreuzigung in
Aquila (Abb. 9). Mit den oft recht diarakterlofen Arbeiten des jüngeren Boccardino
und des Matteo da Terranuova (Abb. 10) endet die Florentiner Buchmalerei der Re-
naiffance, gegen die zu Anfang des 16. Jahrhunderts die vervielfältigenden Künfte,
Kupferftich und Holzfchnitt, immer erfolgreicher in die Schranken treten. Ein voll-
ftändiges Bild des Florentiner Geifteslebens in der Zeit feiner frifcheften Blüte bietet
nur die Buchmalerei des 15. Jahrhunderts, und eine Fülle von fchönen Formgedanken
hat fie auf dem eng umgrenzten Raum der Pergamente wie in einem großen Schaß-
haus niedergelegt.
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Lehrer fcheint Verrocchio gewesen zu [ein, deffen Taufe Chrifti er auf einem feiner
Blätter (Tafel 97) getreulich kopiert. Auf 160 Bände, das zehnfache des früher ihm
Zugefchriebenen, beläuft fich jeßt, nach den Forfchungen D'Anconas, das Werk des
Meifters. Allein in Schrank 12 der Laurenziana hat D'Ancona 15 Bände gefunden,
die er auf den erften Blick und ohne Zögern als Werke Attavantes erkannte. Als
fein früheftes Werk ift jenes Meßbuch zu betrachten, das ihm der Bifchof Thomas
James von Dol in der Bretagne in Auftrag gegeben hatte und das 1881 durch Leopold
Delisle im Domfchaß zu Lyon wieder aufgefunden wurde. Das von 1483 bis 1484
ausgemalte Buch, aus dem wir das Jüngfte Gericht zur Wiedergabe auswählen (Abb. 8),
ift zugleich feine fchönfte Arbeit, wenn auch nicht der ganze Bilderfchmuck eigenhändig
ausgeführt ift. ln der Eleganz der Darftellung und in der blühenden Schönheit des
Kolorits werden feine Arbeiten nicht übertroffen von denen feines Nachfolgers Giovanni
Boccardino, der neben handwerksmäßigen Leitungen aber auch folche von hohem
künftlerifchen Wert aufzuweifen hat, wie die hierneben abgebildete Kreuzigung in
Aquila (Abb. 9). Mit den oft recht diarakterlofen Arbeiten des jüngeren Boccardino
und des Matteo da Terranuova (Abb. 10) endet die Florentiner Buchmalerei der Re-
naiffance, gegen die zu Anfang des 16. Jahrhunderts die vervielfältigenden Künfte,
Kupferftich und Holzfchnitt, immer erfolgreicher in die Schranken treten. Ein voll-
ftändiges Bild des Florentiner Geifteslebens in der Zeit feiner frifcheften Blüte bietet
nur die Buchmalerei des 15. Jahrhunderts, und eine Fülle von fchönen Formgedanken
hat fie auf dem eng umgrenzten Raum der Pergamente wie in einem großen Schaß-
haus niedergelegt.
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