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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0083

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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG



Textabb. 56, 57. Urteil des Paris; Pyramus und Thisbe. Nürnberg, GNM, Inv. Nr. MM 243/244. Nürnberg, Hirsvogel-Werkstatt
nach Entwürfen von Sebald Beham, um 1530/50.

Angesichts der enormen Zahl der im Spätmittelalter in Würzburg nachgewiesenen Maler, Glaser und Glasergesellen
kann die Rolle der mainfränkischen Bischofsstadt als drittes herausragendes künstlerisches Zentrum für ganz Franken
kaum hoch genug veranschlagt werden151. Erhalten hat sich von der sicher umfangreichen Produktion allerdings so
wenig, daß unsere Vorstellung von Würzburger Glasmalerei - im Unterschied zur Würzburger Skulptur im Umfeld
des alle überragenden Meisters Tilman Riemenschneider - rein hypothetischen Charakter besitzt. Von den großarti-
gen Farbverglasungen des ersten Drittels des 15. Jahrhunderts in der Stadtkirchen von Münnerstadt und Iphofen
sowie den stark überarbeiteten Farbfenstern der Wallfahrtskirche Maria Sondheim in Arnstein aus der 2. Hälfte des
15. und dem frühen 16. Jahrhundert, die mehr oder weniger begründet bereits mit Würzburger Werkstätten verbun-
den worden sind152, einschließlich einer Reihe verstreuter, recht disparater Restscheiben der Zeit im mainfränkischen
Raum führt - von zeittypischen Kompositionsformen und Stilelementen abgesehen - kein direkter Weg zu den
Beständen des vorliegenden Bands. Umgekehrt steht das einzige Werk in Mittelfranken, das sowohl aus historischen
wie stilkritischen Gründen für Würzburg in Anspruch genommen werden kann - das Fenster Markgraf Friedrichs d.J.
im Ansbacher Gumbertusstift von 1520 - mit keiner zweiten erhaltenen mainfränkischen Glasmalerei in Zusammen-
hang, kann jedoch durch die enge Verwandtschaft mit der Kilianstafel im Mainfränkischen Museum und die charakte-
ristische Typisierung des alten Klerikerkopfs, der im CEuvre Riemenschneiders - etwa im sitzenden Bischof des
Metropolitan Museum in New York oder im Grabmal des Fürstbischofs Lorenz von Bibra im Würzburger Dom -
unmittelbare Parallelen findet, relativ sicher in den gleichen Kunstkreis eingeordnet werden (vgl. Textabb. jzf.)153.

151 Die von Rolfs, 1923, S. 119-143, zusammengestellten Würzburger
Künstler von 1450-1530 geben ein imposantes, wenngleich durch die
Einbeziehung der Lehrknaben und Gesellen etwas verschobenes Bild;
Weissenberger, 1936, S. 207-218, verzeichnet nicht weniger als 49 Mei-
ster von 1470-1550; über die Zeit vor 1450 vgl. Ragaller, 1955, S.
172-175. Von besonderem Interesse sind dabei jene Meister, die zugleich
als Maler und Glaser nachgewiesen sind: Hans Trull (1423-1434), Cuntz
Rudolf (1412-1450), Sigmund Pfister (1469), Hans von Kunigsperg
(1472), Kaspar Funck (1493), Hans Kogel (1470, f vor 1501), Balthasar
Schmutzer (1502-1537') und PeterFueß d.J. (1520-1552).

152 Ragaller, 1955,8. 165-186; ders., Würzburg-ein Glasmalereizen-
trum in Mainfranken von ca. 1390-1400?, in: Mainfränkisches Jb. für
Geschichte und Kunst 11, 1959, S. 92-109 bzw. 191-204; Rainer Kahs-
nitz, in: Kat. Ausst. Nürnberg 1975, S. 9-18; Julia und Christian Hecht,
Meisterwerke mittelalterlicher Glasmalerei in der Pfarrkirche St. Maria
Magdalena zu Münnerstadt, Münnerstadt 2001, S. 19-21.
153 Vgl. zuletzt Kalden-Rosenfeld, 2001, S. 110-115, und Kat. Nr. 21,
7sf-;
 
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