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GROSSGRÜNDLACH • PFARRKIRCHE
Gegenwärtiger Bestand: Im östlichen Chorfenster sind acht Rechteckfelder des frühen 16. Jahrhunderts mit heils-
geschichtlichen Szenen aus dem Kreuzgang des abgegangenen Nürnberger Karmeliterklosters in schweren schmiede-
eisernen Fensterflügeln zusammengestellt (Fig. 65-69, 71-77, Abb. 78- 89).
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Da die am Ort bewahrten Glasmalereien nicht ursprünglich für die
Pfarrkirche (zugleich Burg- und Klosterkirche) in Großgründlach bestimmt gewesen waren, sondern erst in späterer
Zeit, mutmaßlich gegen Ende des 17. Jahrhunderts - unter dem Patronat der Pfinzing1 - aus den Beständen des aufge-
lassenen Nürnberger Karmeliterkloster hierher überführt wurden, kommt die ältere Geschichte und Baugeschichte
der erstmals im Jahr 1303 nachgewiesenen, von der Ansiedelung 1348 bis zur Auflösung 1525 zugleich vom Zister-
zienser-Nonnenkloster Himmelthron in der Purk zu Gründlach mitbenutzten Pfarrkirche St. Laurentius hier nicht in
Betracht2.
Daß die Scheiben - wie im Fall von St. Bartholomäus in Wöhrd - bereits direkt im Zuge von Wiederaufbau und Neu-
ausstattung der Kirche nach den Verwüstungen des zweiten Markgrafenkrieges, ab 1559 bis gegen 1580, nach Groß-
gründlach überführt worden waren, ist nach den Beobachtungen von Bertold Freiherr von Haller wenig wahr-
scheinlich: Vertraut man der Bauaufnahme des Nürnberger Ingenieurs Hans Bien aus dem Jahr 1621, dann waren die
damaligen dreibahnigen Chorfensteröffnungen der Pfarrkirche in den einzelnen Lanzetten viel zu schmal, um die
Glasgemälde aufzunehmen3. Auch hätten die Fenster die Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs kaum schadlos
überstanden4. Der Ersatz des steinernen Maßwerks durch eine einfache Eisenarmierung in den spitzbogigen Chorfen-
stern und damit die Voraussetzung für die Möglichkeit der Versetzung der Karmeliterscheiben wurde erst im Rahmen
der teilweisen Chorturmerneuerung 1674-1681 geschaffen5 *. Für die Versetzung der stark beschnittenen Glasgemälde
mußten aber schon damals auf beiden Seiten wieder je 3-4 cm breite Randstreifen angestückt werden, was beweist,
daß die Felder seit der Aufhebung des Karmeliterklosters an den Nürnberger Kaufmann Gilch Ayrer und vor der
Wiederverwendung in Großgründlach bereits anderweitig eingebaut gewesen sein müssen (vgl. S. 541—543). Mög-
licherweise steht mit der Überführung aber ein undatierter Vermerk von Karl Sebastian Pfinzing (1647-1685) in den
Schriftstücken von 1671-1681 in Verbindung, der die Neuanfertigung zweier Wappen in den Chorfenstern zwischen
den Historien [d.h. biblischen Szenen] betrifft: In dem Chor an die zwey Seiten Fenster mein und meiner Liebsten
Wappen zu schmelzen zwischen die Historien just in die Mitten wie Herr Sebastian Löffelholz gethan in der Johannis-
kirchenL Vermutlich besitzen wir damit den ersten Nachweis für die Wiederverwendung der Karmeliterscheiben in
der Gründlacher Kirche.
Minimale Reparaturen an der Glassubstanz und die Neuverbleiung aller Felder gehen auf eine Restaurierung des spä-
ten 19. Jahrhunderts (1882 durch den Nürnberger Glasermeister August Klaus) zurück. Auch die Perlbänder an den
Scheiben stammen erst aus dieser Zeit und ersetzten möglicherweise einfache blanke Randgläser des späten 17. bzw.
frühen 18. Jahrhunderts7. Bis ins 20. Jahrhundert waren die erhaltenen acht Felder auf das östliche und das südliche
1 Die Pfinzing hatten das Patronat über Großgründlach 1616 als Erb-
schaft (des Karl Pfinzing von Henfenfeld) von Katharina Geuder über-
nommen und bis zum Tod von Johann Sigmund Pfinzing 1764 ausgeübt
(vgl. Haller, 1990, S. 55, 92 f.). Da nun Henfenfeld und Gründlach
gleichermaßen mit Glasgemälden aus dem aufgelassenen Karmeliter-
kreuzgang ausgestattet wurden, ist anzunehmen, daß die Initiative dazu
von den gemeinsamen Patronatsherrn ausgegangen war.
2 Vgl. Kress, 1889, S. 1-62, Wieland, 1904, S. 321—335, Kurzinventar
Nürnberg, 21977, S. 344f., und ausführlich Haller, 1990, S. 13-49.
3 Haller, 1990, S. 52, Abb. 37. Dafür spricht im übrigen auch der Hin-
weis auf die Stiftung dreier neuer Wappenscheiben mit den Wappen Geu-
der und Welser für das Chorfenster, die Katharina Geuder im Jahr 1589
durch den Glasmaler von St. Lorenz hatte neu anfertigen lassen. Die
Chorfenster waren demnach im späten 16. Jh. anderweitig besetzt (vgl.
Reg. Nr. 25; Haller, 1990, S. 157E)
4 Die von Volkert, 1881, S. 15, in die Welt gesetzte Meinung von der
Rettung der Glasgemälde nach Nürnberg vor Plünderung und Brand-
schatzung von Dorf, Schloß und Kirche durch die kurbayerischen Trup-
pen am 7. August 1634 läßt sich archivalisch nicht belegen und scheint
vielmehr nur den alten Topos von der Sicherstellung von »Glasfenstern«
im zweiten Markgrafenkrieg 1552. wiederaufzugreifen. Bei den seinerzeit
durch den Pfleger von Gründlach, Franz Gruner, geborgenen Glasfen-
stern, so über hundert Gulden werdt, handelte es sich dagegen dem
Schriftwechsel zwischen Nürnberger Rat und Gruner zufolge ganz
offenkundig nur um einfache, blankverglaste Fensterflügel der Wohnge-
bäude, keinesfalls jedoch um Glasgemälde (mitgeteilt bei Kress, 1889,
S. 77-80; vgl. Haller, 1990, S. 50, mit Nachweis).
5 Haller, 1990, S. 76.
6 GA 131/2121 Prod. 40 (mitgeteilt bei Haller, 1990, S. 215, Anm. 808).
7 GA 131/3755, fol. n$v. Vgl. auch PfA Großgründlach, Nr. 132-144
(Nr. 136: Paramente und heilige Gefäße, auch Inventare, enthält den
Hinweis auf die geplante leihweise Überlassung der Glasgemälde zur
Landesausstellung im Jahr 1906, die aber nicht zustande kam); vgl. Hal-
ler, 1990, Anm. 824. Nicht zu lösen ist die Frage nach dem zwischen-
zeitlichen Standort der acht Glasgemälde, für den die Rechteckfelder in
Höhe und Breite massiv beschnitten worden waren.
GROSSGRÜNDLACH • PFARRKIRCHE
Gegenwärtiger Bestand: Im östlichen Chorfenster sind acht Rechteckfelder des frühen 16. Jahrhunderts mit heils-
geschichtlichen Szenen aus dem Kreuzgang des abgegangenen Nürnberger Karmeliterklosters in schweren schmiede-
eisernen Fensterflügeln zusammengestellt (Fig. 65-69, 71-77, Abb. 78- 89).
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Da die am Ort bewahrten Glasmalereien nicht ursprünglich für die
Pfarrkirche (zugleich Burg- und Klosterkirche) in Großgründlach bestimmt gewesen waren, sondern erst in späterer
Zeit, mutmaßlich gegen Ende des 17. Jahrhunderts - unter dem Patronat der Pfinzing1 - aus den Beständen des aufge-
lassenen Nürnberger Karmeliterkloster hierher überführt wurden, kommt die ältere Geschichte und Baugeschichte
der erstmals im Jahr 1303 nachgewiesenen, von der Ansiedelung 1348 bis zur Auflösung 1525 zugleich vom Zister-
zienser-Nonnenkloster Himmelthron in der Purk zu Gründlach mitbenutzten Pfarrkirche St. Laurentius hier nicht in
Betracht2.
Daß die Scheiben - wie im Fall von St. Bartholomäus in Wöhrd - bereits direkt im Zuge von Wiederaufbau und Neu-
ausstattung der Kirche nach den Verwüstungen des zweiten Markgrafenkrieges, ab 1559 bis gegen 1580, nach Groß-
gründlach überführt worden waren, ist nach den Beobachtungen von Bertold Freiherr von Haller wenig wahr-
scheinlich: Vertraut man der Bauaufnahme des Nürnberger Ingenieurs Hans Bien aus dem Jahr 1621, dann waren die
damaligen dreibahnigen Chorfensteröffnungen der Pfarrkirche in den einzelnen Lanzetten viel zu schmal, um die
Glasgemälde aufzunehmen3. Auch hätten die Fenster die Zerstörungen des Dreißigjährigen Kriegs kaum schadlos
überstanden4. Der Ersatz des steinernen Maßwerks durch eine einfache Eisenarmierung in den spitzbogigen Chorfen-
stern und damit die Voraussetzung für die Möglichkeit der Versetzung der Karmeliterscheiben wurde erst im Rahmen
der teilweisen Chorturmerneuerung 1674-1681 geschaffen5 *. Für die Versetzung der stark beschnittenen Glasgemälde
mußten aber schon damals auf beiden Seiten wieder je 3-4 cm breite Randstreifen angestückt werden, was beweist,
daß die Felder seit der Aufhebung des Karmeliterklosters an den Nürnberger Kaufmann Gilch Ayrer und vor der
Wiederverwendung in Großgründlach bereits anderweitig eingebaut gewesen sein müssen (vgl. S. 541—543). Mög-
licherweise steht mit der Überführung aber ein undatierter Vermerk von Karl Sebastian Pfinzing (1647-1685) in den
Schriftstücken von 1671-1681 in Verbindung, der die Neuanfertigung zweier Wappen in den Chorfenstern zwischen
den Historien [d.h. biblischen Szenen] betrifft: In dem Chor an die zwey Seiten Fenster mein und meiner Liebsten
Wappen zu schmelzen zwischen die Historien just in die Mitten wie Herr Sebastian Löffelholz gethan in der Johannis-
kirchenL Vermutlich besitzen wir damit den ersten Nachweis für die Wiederverwendung der Karmeliterscheiben in
der Gründlacher Kirche.
Minimale Reparaturen an der Glassubstanz und die Neuverbleiung aller Felder gehen auf eine Restaurierung des spä-
ten 19. Jahrhunderts (1882 durch den Nürnberger Glasermeister August Klaus) zurück. Auch die Perlbänder an den
Scheiben stammen erst aus dieser Zeit und ersetzten möglicherweise einfache blanke Randgläser des späten 17. bzw.
frühen 18. Jahrhunderts7. Bis ins 20. Jahrhundert waren die erhaltenen acht Felder auf das östliche und das südliche
1 Die Pfinzing hatten das Patronat über Großgründlach 1616 als Erb-
schaft (des Karl Pfinzing von Henfenfeld) von Katharina Geuder über-
nommen und bis zum Tod von Johann Sigmund Pfinzing 1764 ausgeübt
(vgl. Haller, 1990, S. 55, 92 f.). Da nun Henfenfeld und Gründlach
gleichermaßen mit Glasgemälden aus dem aufgelassenen Karmeliter-
kreuzgang ausgestattet wurden, ist anzunehmen, daß die Initiative dazu
von den gemeinsamen Patronatsherrn ausgegangen war.
2 Vgl. Kress, 1889, S. 1-62, Wieland, 1904, S. 321—335, Kurzinventar
Nürnberg, 21977, S. 344f., und ausführlich Haller, 1990, S. 13-49.
3 Haller, 1990, S. 52, Abb. 37. Dafür spricht im übrigen auch der Hin-
weis auf die Stiftung dreier neuer Wappenscheiben mit den Wappen Geu-
der und Welser für das Chorfenster, die Katharina Geuder im Jahr 1589
durch den Glasmaler von St. Lorenz hatte neu anfertigen lassen. Die
Chorfenster waren demnach im späten 16. Jh. anderweitig besetzt (vgl.
Reg. Nr. 25; Haller, 1990, S. 157E)
4 Die von Volkert, 1881, S. 15, in die Welt gesetzte Meinung von der
Rettung der Glasgemälde nach Nürnberg vor Plünderung und Brand-
schatzung von Dorf, Schloß und Kirche durch die kurbayerischen Trup-
pen am 7. August 1634 läßt sich archivalisch nicht belegen und scheint
vielmehr nur den alten Topos von der Sicherstellung von »Glasfenstern«
im zweiten Markgrafenkrieg 1552. wiederaufzugreifen. Bei den seinerzeit
durch den Pfleger von Gründlach, Franz Gruner, geborgenen Glasfen-
stern, so über hundert Gulden werdt, handelte es sich dagegen dem
Schriftwechsel zwischen Nürnberger Rat und Gruner zufolge ganz
offenkundig nur um einfache, blankverglaste Fensterflügel der Wohnge-
bäude, keinesfalls jedoch um Glasgemälde (mitgeteilt bei Kress, 1889,
S. 77-80; vgl. Haller, 1990, S. 50, mit Nachweis).
5 Haller, 1990, S. 76.
6 GA 131/2121 Prod. 40 (mitgeteilt bei Haller, 1990, S. 215, Anm. 808).
7 GA 131/3755, fol. n$v. Vgl. auch PfA Großgründlach, Nr. 132-144
(Nr. 136: Paramente und heilige Gefäße, auch Inventare, enthält den
Hinweis auf die geplante leihweise Überlassung der Glasgemälde zur
Landesausstellung im Jahr 1906, die aber nicht zustande kam); vgl. Hal-
ler, 1990, Anm. 824. Nicht zu lösen ist die Frage nach dem zwischen-
zeitlichen Standort der acht Glasgemälde, für den die Rechteckfelder in
Höhe und Breite massiv beschnitten worden waren.