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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0319

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NÜRNBERG (vÖHRü) • ST. BARTHOLOMÄUS

tekten Carl Alexander von Heideloff 1835 die einschneidendsten Veränderungen hinsichtlich der Farbfenster bedeu-
tete7. Heideloff ließ sämtliche Glasmalereien, die sich vorher als partielle Farbverglasung wie ein farbiges Band vor
allem in der dritten und vierten Fensterzeile - oben je zwei biblische Szenen nebeneinander, darunter große Rechteck-
wappen - durch den gesamten Kirchenbau (Chor und Langhaus) gezogen hatten, in den fünf Chorschlußfenstern
zusammenfassen und die Butzenscheiben durch eine Sechseckverglasung ersetzen8. 1886 wurden die Glasgemälde in
den Architekturrahmungen mehr oder weniger stark erneuert und wieder auf mehrere Fenster des Chores verteilt. Die
im Anschluß 1886 bis 1912 ausgeführten historistischen Fenster der Nürnberger Glasmaler Eisgruber, Scheppach,
Voigt und Pfann sind zum größten Teil bei der Zerstörung der Kirche in der Nacht vom 10./11. August 1943 unterge-
gangen7.
Erhaltung: Die erst nach dem Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg bis auf die Grundmauern zerstörten Kirche
in den Jahren 1955/56 letztmalig versetzten und in zwei Chorfenstern zusammengeführten Restscheiben des Karmeli-
ter-Zyklus weisen nicht nur insgesamt - etwa im Vergleich mit den Großgründlacher oder Henfenfelder Resten - eine
merklich schlechtere Gesamterhaltung auf. Auch in sich zeigt der Wöhrder Bestand aufgrund mehrmaliger Translo-
zierung und dadurch bedingter restauratorischer Maßnahmen sehr verschiedene Befunde: So besitzen alle bereits vor
1835 (also wohl ursprünglich seit Mitte des 16. Jahrhunderts) im Chor eingesetzten Felder - wenn auch minimal
beschnitten - noch ihre originale architektonische oder vegetabile Rahmung, während die erst 1835 bzw. 1886 aus dem
Langhaus hierher versetzten Felder sämtlich mit Rahmen des 19. Jahrhunderts versehen sind. Letztere waren bei ihrer
Erstversetzung ins Langhaus gegen 1 560-1564 offenbar stärker beschnitten worden und hatten so ihre originale Rah-
mung weitgehend eingebüßt. Mit der Versetzung im 19. Jahrhundert mußten die Felder dann den größeren Scheiben-
maßen im Chor wieder angepaßt werden.
Ein positiverer Befund an einigen wenigen Scheiben hinsichtlich Erhaltung, originaler Glassubstanz und Bemalung
wird getrübt durch zum Teil umfassende Doublierungen aus jüngerer Zeit (Frenzei 1956/58), die aus heutiger Sicht
nur in wenigen Fällen - bei sehr stark gesprungenen und notverbleiten Scherben - gerechtfertigt erscheinen. Die Ver-
bleiung ist in allen Feldern erneuert: teils im 19. Jahrhundert, teils durch Frenzei.
Rekonstruktion, ikonographisches Programm, kunsthistorische Würdigung: Die Neuverteilung der dürer-
zeitlichen Glasgemälde des Karmeliterklosters nach Mitte des 16. Jahrhunderts in der neuerrichteten Pfarrkirche
zu Wöhrd einschließlich der in diesem Zuge zur Komplettierung neugeschaffenen Scheiben der Werkstatt Sebald
Hirsvogels kann hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Zum ursprünglichen Umfang des Zyklus und zur
Rekonstruktion des ehemaligen Gesamtprogramms im Kontext der Kreuzgangsverglasung des abgegangenen Nürn-
berger Karmeliterklosters vgl. Anhang I, S. 543-547. Dort finden sich auch die einführenden Kapitel zur übergreifen-
den kunsthistorischen Charakterisierung des gesamten, jetzt auf verschiedene Standorte verteilten Zyklus.
Vorbemerkung zum Katalog: Alle Felder wurden im Juni 1999, im Zuge der Innensanierung der Bartholomäuskirche,
vom Gerüst aus in situ untersucht und neu aufgenommen. Da die Glasgemälde aus konservatorischen Gründen nicht
ausgebaut werden sollten, waren Einschränkungen insbesondere bei den Neuaufnahmen unvermeidlich. Als Maß-
angaben werden stets die lichten Maße der Einzelfelder verzeichnet, ohne die unten bzw. seitlich angesetzten
geschwärzten Randstreifen; letztere sind auch im Abbildungsteil nicht berücksichtigt.

7 Die Ausbesserung vieler zerbrochener Fenster in den Jahren iS 14/15
(LkAN, Bayer. Dekanat Nürnberg, Nr. 969) dürfte vornehmlich der
Butzenverglasung gegolten haben.
8 Schwemmer, 1933, S. 24f. und 40-42, mit einer Konkordanz der Fen-
sterplätze vor der Neuordnung 1835 (gemäß Inventar von 1829, Reg.

Nr. 76) und danach. Einzelne Fenster enthielten dagegen lediglich klei-
nere runde Wappen, von denen bis zu acht auf ein Fenster kamen. Die
Restaurierungsakten der Pfarrei Nürnberg-Wöhrd sind leider verbrannt.
9 Aufzählung der dargestellten Themen bei Schwemmer, 1933, S. 46f.
 
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