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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0327

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NÜRNBERG (wÖHRD) • ST. BARTHOLOMÄUS

322

Schmutzig braungelbe Laubwerkrahmung auf grauer und gelber
Stütze; Basen rot.
Technik: Für das Gewand eines Soldaten wurde - wie in der Frei-
sprechung der Ehebrecherin in Großgründlach - ein weißes Glas
mit aufgeschmolzenen roten Fäden verwendet.
Stil, Datierung: Die bescheidene Ausführung verrät wohl densel-
ben Meister, der auch für die Scheibengruppe Höllenfahrt, Noli
me tangere, Ungläubiger Thomas und Pfingsten verantwortlich
zeichnete (vgl. Anhang I, S. 552). Insgesamt bleiben Typenschatz
und Zeichentechnik aber zu unspezifisch, um dahinter einen
ganz bestimmten Entwerfer namhaft machen zu können.
Nürnberg, um 1510.
CVMA A 12251
2b KREUZTRAGUNG CHRISTI Fig. 198, 200, Abb. 218, 223
H. 79,5-80 cm, B. 62-63 cm.
Vor 1835 in Chor süd II, 3a; 1886 nach Chor nord II, 3a ver-
setzt37; seit 1964 am jetzigen Standort.
Erhaltung: Abgesehen von drei größeren Ergänzungen im linken
unteren Eck - Teilen im violetten Gewand Christi, im benach-
barten grünen Rock des Simon von Cyrene und im hellbraunen
Steinboden -, die sich überraschend gut dem alten Bestand
angleichen, zeigt das Feld in Substanz und Bemalung einen aus-
gesprochen guten Gesamtzustand. Dieser Befund wird getrübt
durch die große Zahl rückseitiger Doublierungen, die annähernd
50 % der Gesamtfläche betreffen und insbesondere in den hellen
Partien, aber auch im ehemals blauvioletten Gewand Christi,
bereits empfindliche Farbverschiebungen durch Vergilben des
Klebers (Araldit) verursacht haben. Korrosion zeigt nur das
blauviolette Glas. Reste ausgiebiger Rückseitenbemalung, teils
mit Eisenrot, sind in der Figur des Soldaten mit dem Seil und im
Architekturrahmen festzustellen. Bleinetz Frenzei.
Ikonographie, Komposition: Die Wöhrder Kreuztragung zeigt
das in allen vier Evangelien (Mt 27,31 f.; Mc 15,20f.; Lc 23,26-32;
Io 19,16h) überlieferte Ereignis in Verbindung mit der apokry-
phen, aus verschiedenen Quellen gespeisten Veronika-Le-
gende38. Als direktes Vorbild für die Komposition diente wohl
der Holzschnitt Schäufeleins im Speculum passionis des Ulrich
Pinder von 1507, der über die allgemein vergleichbare Verteilung
der Hauptfiguren hinaus auch Einzelmotive wie den Seil schwin-
genden Soldaten bringt; Diesbezügliche Prototypen finden sich
außerdem schon in Dürers Studien zur Grünen Passion 1504
(W.309, 310) und zum Ober St. Veiter Altar (W.320). Ein origi-
nalgroßer Kartonauszug der Hl. Veronika im Dresdner Kupfer-


Fig. 198. ES Chors II, 2b.

Fig. 199. Veronikakarton. Dresden, Kupferstichkabinett.
Nürnberg, um 1508 (Hirsvogel-Werkstatt).


Stichkabinett (WK.64), der früher gemeinhin für Hans von
Kulmbach in Anspruch genommen und als Beweis für dessen
Urheberschaft am Entwurf der Szene angeführt wurde, stammt
mit einiger Sicherheit von einem Glasmaler der ausführenden
Hirsvogel-Werkstatt selbst (Fig. 199).
Farbigkeit: Christus in grauviolettem Leibrock, gelbem Kreuz-
nimbus und geschultertem gelben Holzkreuz. Simon und Ver-
onika tragen beide grüne Gewänder unter roten Mänteln; Kopf-
und Schweißtuch Veronikas weiß. Im Hintergrund vor braunem
Stadttor und blauem Wolkenhimmel Maria in blauem Mantel,
Johannes in Grün, Jude mit silbergelbem Schulterkragen und
Leiter, dazu ein weißer Turban mit roter Spitze; Im Zentrum
Hauptmann mit Seil in rotem Rock und weiß-silbergelbem Har-
nisch vor weißem Kopf mit Turban; am rechten Rand ein zweiter
Soldat in gelbem Hemd unter silbergrauem Brustpanzer und
roter Mütze; über der Schulter gelegt eine Hellebarde an gelber
Stange. Hellbraune Bodenfläche. Hell graublaue Rahmenarchi-
tektur.
Technik: Innenseitiger Ausschliff aus dem Rotüberfang beim
Schwertknauf des mittleren Soldaten. An Partien wie Kopf und
Arm des Hauptmanns zeigt sich trotz späterer Sprünge ein zum
Teil ausgeprägt ambitionierter Glaszuschnitt.
Stil, Datierung: Nürnberg, um 1508; Hirsvogel-Werkstatt.
CVMA A 12252, Großdia A 99/69
37 Schwemmer, 1933, S. 4i; vgl. Inv. 1829 (Reg. Nr. 76).
38 RDK, I, 1937, Sp. 732-742; vgl. Schiller, II, 2i983, S. 89.
 
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