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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0349

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NÜRNBERG • ST. JOHANNIS

benennen freilich zumeist nicht mehr als die verschiedenen Sorgfaltstufen, mit der dieselben formelhaften Typen tech-
nisch umgesetzt worden sind. Eine einigermaßen strenge Trennung der Hände, wie sie im Bamberger Fenster noch
gelingen mag, ist in St. Johannis jedoch kaum zu leisten, da hier die extremeren Unterschiede des Erhaltungszustands
der Malschichten eine Beurteilung der ursprünglichen technischen Qualität der Ausführung sehr erschweren: Das
unverständlich harte Urteil Knappes über die die ältesten Glasgemälde in der Figurenzeile des Chorachsenfensters
(1493) hält einer näheren Betrachtung freilich ebensowenig stand wie die entwicklungsgeschichtliche Interpretation
der verschiedenen zugrundegelegten Entwürfe, die im wesentlichen der zeitgenössischen Tafelmalerei - im Umkreis
Wolgemuts wie des Augustinermeisters -, druckgraphischen Beispielen Martin Schongauers oder Holzschnitten der
heimischen Buchillustration an die Seite zu stellen sind (Nachweise im Katalog). Wo die weich gestupfte Halbtonmo-
dellierung noch in weitreichendem Umfang erhalten geblieben ist (im Kopf des Hl. Leopold, in den Wappen der
Ebnerstiftung, beim Täufer im Achsenfenster und nicht zuletzt in der späten Scheibe des Hl. Hieronymus), dort läßt
sich die Ausführung tatsächlich mit den besten Teilen der älteren Werkstattrichtung im Bamberger Fenster - nach
Knappe vom »Meister des Trockau-Asistentenkopfes« - auf eine Stufe stellen. Die Übergänge von hier bis zu den
etwas spröderen, mit hart gesetzten Schraffuren modellierten Figuren und Köpfen sind fließend, wie ein Vergleich
etwa der Strahlenkranzmadonnen von 1493 und 1494 oder des Hl. Leopold mit einem der weiblichen Stifterbilder
deutlich vor Augen führt (Fig. 222!.).


Fig. 222. Stifterbild Gertrud von Streitberg (Ausschnitt aus Abb. 241).
Nürnberg, St. Johannis, Chor I, 4a. Nürnberg, um 149$.


Fig. 223. Hl. Leopold (Ausschnitt aus Abb. 250).
Nürnberg, St. Johannis, Chor s II, ja. Nürnberg, um 1495.

Vorbemerkung zum Katalog: Alle Chorfenster wurden im Herbst 2000 in situ vom Gerüst aus untersucht. Dem syste-
matischen Tafelteil liegen Neuaufnahmen von 2000 (Chor I) bzw. ältere Aufnahmen von G. Frenzei (Chor n II, s II)
zugrunde. Für ausgesuchte Kopfdetails wurde zudem auf die Aufnahmen der Kriegsbergung vom Juni 1943 (Max
Hermann, Nürnberg) zurückgegriffen, von denen sich Positive im Bildarchiv des CVMA in Freiburg i. Br. befinden.
 
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