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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0449

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ROTHENBURG • STADTKIRCHE ST. JAKOB

kniend zu Füßen der Heiligen76. Diese Identifizierung scheint
naheliegend, zumal die Gugel über der Schulter des Knienden
zum damaligen Ordenshabit der Deutschherren gehörte77. Der
weiße (hier hellblaue) Ordensmantel mit dem kleinen Kreuz
links auf Schulterhöhe müßte demzufolge der an dieser Stelle
falsch verstandenen dunkelgrauen Ergänzung Kellners zum
Opfer gefallen sein78. Analog zur kleinen Pilgergruppe beim Hl.
Jakobus dient der nicht näher gekennzeichnete Ordensmann
wohl lediglich der Charakterisierung Elisabeths als Schutzpatro-
nin des Ordens.
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Die Heilige trägt über dem
grünen Untergewand einen purpurvioletten Mantel mit gelbem
Futter und ein weißes Kopftuch; in der Hand ein gelbes Buch.
Inkarnat blaß rosabraun; Nimbus rot mit weißem Perlband. Der
rechts kniende Ordensritter zeigt unter dem ehemals hellblauen
(vom Rücken abwärts grau ergänzten) Mantel ein langes purpur-
violettes Gewand, über die Schulter geworfen die violette Gugel.
Bildarchitektur, Hintergründe und Rahmenborten in Form und
Farbigkeit wie i/i’b.
CVMA A 11118, Details A 11171/72, Dias A 59/62 (MF)
id WAPPEN LESCH Textabb. 3, Fig. 316, Abb. 327
H. 79 cm, B. 45,5 cm.
Erhaltung: Vergleichsweise stark ergänzt, doch abgesehen von
mehreren alten Flicken im Wappen und dem umgebenden Rau-
tenvierpaß sowie umfangreicheren Reparaturen Kellners und
Zettlers im Randbereich noch immer guter Gesamteindruck.
Ansätze von Verbräunung in weißen Randgläsern; Bemalung
stellenweise abgerieben. Das von Zettler erneuerte Bleinetz weist
zahlreiche Sprungbleie auf.
Ikonographie: Das Wappen zeigt in Rot zwei gegenständige sil-
berne Beile; dasselbe Wappenbild erscheint als winzige Strich-
zeichnung nochmals auf dem Schwert des Stifterbildes in ta.
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Wappen s. Ikonographie.
Der einfache, nach links geneigte Schild steht vor blauem Blatt-
rankengrund inmitten eines gelben, mit grünem Grund hinter-
legten Rautenvierpasses. Rahmung wie ta.
CVMA A 11120, Dia A 60 (MF)
2/3a PROPHET MICHA IN ARCHITEKTUR-
TABERNAKEL Fig. 316, Abb. 327, 348
H./B. 2a: 95,5-96 / 45-45,5 cm; 3a: 96,5 / 44-44,5 cm.
Inschriften: Umschrift in gotischer Majuskel: DE ■ SYO 7 EXI-
BIT- LEX- ET-V/BV- DNI- DE ■ IRLM ■ (de Sion exibit lex
et verbum Domini de Hierusalem; Is 2,3 bzw. Mi 4,2)79. - Auf
dem Schriftband in der Hand des Propheten: • MYCHEAS.
Erhaltung: Der Figurentabernakel ist bis auf wenige alte Flicken
und Reparaturen unterschiedlicher Zeit im Wimpergfeld in der
Substanz vollständig erhalten. Ergänzungen häufen sich lediglich
im weißen Randstreifen und im Bereich der Umschrift. Bema-
lung weitgehend intakt; im Wimpergfeld auf einzelnen Gläsern
und stellenweise über das Blei hinwegführende Abdeckungen
mittels Kaltbemalung aus jüngster Zeit (1985?). Bleinetz von
Zettler erneuert.
Ikonographie: Der Micha-Text der Umschrift weist, wie die
Weissagung des Isaias in 2/3 d, auf die Ankunft Christi voraus
und steht hier - wie beispielsweise auch im Genter Altar der
Gebrüder van Eyck80 - zusammen mit dem Bild des Autors im
Kontext der Verkündigung an Maria ßb/c). In der Bibliapaupe-

rum wird Micha dagegen in Anlehnung an seine Weissagung
über Bethlehem als das kleinste, doch keineswegs geringste der
Geschlechter Judas (Mi 5, 1) in aller Regel der Geburt Christi
zugeordnet.
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Über dem getreppten, oben
stark eingeschnittenen Sockel mit graublauen Standflächen und
gelben, roten und weißen Stirnkanten erhebt sich (nur rechts auf
einem gelb/blauem Postament fußend) der schlanke Tabernakel,
dessen gelb gemauerte Stützen im oberen Feld über hellblauen
Kapitellen in gelben Fialentürmchen enden. Die innen auf Stirn-
höhe des Propheten ansetzenden schmalen weißen Dienste
schließen sich im Oberfeld zu einem genasten Spitzbogen; dar-
über Wimperg mit gelben Giebelschrägen, rotem Giebelfeld und
weißem Fünfpaß. Oberhalb des Tabernakels ein flacher gelber
Strebebogen mit kleiner grüner Bogenteilung vor rotem Fond
und (stark verbräunter) ursprünglich weißer Oberkante; darüber
inmitten purpurvioletter Fläche ein kleiner weißer Vierpaßoko-
lus, flankiert von hellblauen Maßwerkfensterchen. Der ganze
Tabernakel wird von weißen Perlbändern gerahmt und links
bzw. unten durch den breiten roten Streifen mit der weißen
Inschrift eingefaßt; ganz außen beidseits weißer Rand. Hinter-
gründe: innerhalb des Tabernakels hinter dem Propheten rosa
Stechblatt; oberhalb bzw. hinter der Bekrönung rot/blauer
Karogrund mit eingestreuten weißen Blüten. Der Prophet trägt
einen stumpfblauen Mantel mit smaragdgrünem Zierstreifen und
gelbem Futter über rotem Untergewand, einen weißen Turban
und weiße Beinlinge; Inkarnat hellbraun, Schriftband weiß.
CVMA A 11121/11125, Dia A 63/67 (MF)
2b EVANGELISTENSYMBOLE: JOHANNES
UND LUKAS Fig. 316, Abb. 3 27
H. 34,5-35 cm, B. 44,5-45 cm.
Inschriften: Auf dem Sockelstreifen unter den Symbolen in goti-
scher Majuskel: • S(ANCTUS) ■ lOhANNES ■ S(ANCTUS) ■
LVCAS ■
Erhaltung: Vorzüglich; annähernd hundert Prozent alte Sub-
stanz, mit Ausnahme einiger, offenbar beim letzten Ausbau ver-
ursachter Ausbrüche im unteren Randstreifen. Bleinetz von
Zettler erneuert.
Ikonographie: Die Darstellung der Evangelistensymbole - hier
Johannes als Adler und Lukas als Stier, überwiegend in anthro-
76 Hinzuweisen wäre auf die vergleichbaren Darstellungen der Heiligen
mit Buch und knienden Deutschordensherren in der Kölner und Mar-
burger Glasmalerei um bzw. nach 1300 (Münster, WLM, bzw. Marburg,
Elisabethkirche, nord VI; vgl. 800 Jahre Deutscher Orden, Kat. Ausst.
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Gütersloh/München 1990,
Abb. S. 20, und Michler, 1984, Abb. 34).
77 Vgl. etwa die eng übereinstimmende Erscheinung der beiden am Fuße
des Kreuzes knienden Ordenritter im wenig späteren Hochaltar der
Nürnberger Deutschordenskirche St. Jakob (Strieder, 1993, Abb. 9)
bzw. ebenda das Stifterbild des Landkomturs von Franken, Melchior von
Neuneck, aus dem Jahr 1490 (800 Jahre Deutscher Orden [wie Anm. 76],
1990, Farbtaf. VIII.4.18).
78 Tatsächlich zeigt der originale schmale Streifen der abgewandten Seite
des Umhangs noch die richtige weiße Farbe.
79 Bei Mi 4,2 steht egredietur für exibit.
80 Vgl. Lotte Brand-Philipp, The Ghent Altarpiece and the Art of Jan
van Eyck, Princeton 1971, Farbtaf. II.
 
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