SEGRINGEN ■ PFARRKIRCHE
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den charakteristischen Werken des oberheinisch-seeschwäbischen dolce Stil nuovo offenbart. Ähnlich vage, d.h. im
wesentlichen auf die zeittypischen Architekturrahmungen beschränkt, bleiben auch die von Fritzsche konstatierten
Bezüge zur Regensburger Glasmalerei, genauer zum jüngeren Nothelferfenster von 1330/40 im Regensburger Dom,
für das im übrigen Stilanalogien in der österreichischen Glasmalerei - in den umfangreichen Resten der Chorvergla-
sung der Grazer Leechkirche - beobachtet worden sind10. Die gedrungenen Proportionen und die breit angelegten
Gesichter der Segringer Figuren ließen sich jedoch - gemessen an den genannten Werken des ersten Jahrhundertdrit-
tels - im Stilniveau viel eher den jüngeren Fenstern der Nebenchöre in der Wallfahrtskirche von Straßengel in der
Steiermark vergleichen, für die Ernst Bacher eine Entstehung in den sechziger Jahren des 14. Jahrhunderts vorge-
schlagen hat11. Mit ihren trecentesk verräumlichten Architekturgehäusen vertreten diese allerdings aufs Ganze gese-
hen eine entschieden fortgeschrittenere Entwicklungsstufe als das Segringer Fenster mit seinen altertümlichen, ortho-
gonal projizierten Kielbogen- und Wimpergarkaden, womit indirekt eine etwa ein bis zwei Jahrzehnte frühere
Entstehung des letzteren zu begründen ist. Trotz der zeitlichen und räumlichen Nähe zu Rothenburg o.T. sind zur
älteren Chorfenstergruppe der Jakobskirche über Einzelmotive hinaus keine sichtbaren Bezüge herzustellen. Daß die
Reichsstadt Dinkelsbühl um die Mitte des 14. Jahrhunderts bereits über eingesessene Glasmaler verfügte, ist nicht
unbedingt vorauszusetzen, denn erst mit dem ambitionierten Neubau der dortigen Georgskirche rund ein Jahrhun-
dert später durch Nikolaus Eseler d.Ä. und seinen Sohn (1448-1488) bot sich genügend Auftragsvolumen, um einen
Anreiz für die Niederlassung einzelner Meister zu bieten. In Stil und Anspruchsniveau recht gut vergleichbar sind
andererseits die Reste der Chorverglasung der Katharinenkirche im benachbarten Schwäbisch Hall (um 1340/50), die
gerade aufgrund ihres ähnlich zwittrigen Stilbildes für eine örtliche Glasmaler-Werkstatt in Anspruch genommen
wurden12.
Vorbemerkung zum Katalog: Die Glasmalereien wurden im April 1997 in situ untersucht und neu aufgenommen.
CHORFENSTER I
Fig. 360-362, Abb. 399-406
Lichtes Gesamtmaß: H. ca. 4,20 m, B. ca. 1,12 m.
Dreibahniges Fenster von fünf Zeilen, zuzüglich dreier Kopfscheiben in Form genaster Spitzbögen (in der Mittellan-
zette überhöht); Maßwerk mit einem großen genasten Dreipaß.
Rechteckscheiben (lichtes Maß): H. 62,5-64,5 cm (in eingebautem Zustand durch Deckschienen minimal verdeckt);
B. 28,5-29 cm.
Gesamtaufnahmen: Vorkriegszustand und Aufn. 1968 (CVMA Bildarchiv); CVMA A 115 54; Großdia A 130
ia APOSTEL MATTHIAS
Komplett neu von Zettler (1897).
Inschriften: Im linken Randstreifen bezeichnet: S • MATHIS •
ib APOSTEL JAKOBUS MAIOR
Komplett neu von Zettler (1897); vor Kriegsbergung in ic.
Inschriften: Im rechten Randstreifen: S • JACOPVS • MAJ •
ic APOSTEL THOMAS
Komplett neu von Zettler (1897); vor Kriegsbergung in ib.
Inschriften: Im linken Randstreifen: S • THOMAS •
2a APOSTEL JAKOBUS MINOR
Komplett neu von Zettler (1897).
Inschriften: Im linken Randstreifen: S • JACOPVS • MIN •
2b HL. BISCHOF Fig. 361, Abb. 399, 405
H. 62,5-63 cm, B. 28,5 cm.
Vor Kriegsbergung in 3a, vor Schutzverglasung in 3c.
Erhaltung: Die Ergänzungen Zettlers bleiben im wesentlichen
auf den Randbereich (Randstreifen und Zinnenbekrönung)
sowie wenige Teile des Architekturbogens und des Rautengrun-
des beschränkt. Transparenzminderung durch Verbräunung und
außenseitigen Wetterstein. Bemalung weitgehend intakt.
Ikonographie: Hl. Bischof mit Buch und Pedum. Möglicher-
weise war die Figur, die durch kein spezifisches Attribut ausge-
10 Fritzsche, CVMA Deutschland XIII,1, 1987, S. 306; zum Verhältnis
Graz-Regensburg vgl. Bacher, CVMA Österreich III,1, 1979, S. XXIXf.,
20.
11 Vgl. Bacher, CVMA Österreich III,1, 1979, S. 127-131.
12 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland 1,2, 1986, S. 210-217, bes.
S. 214 und Anm. 14, mit Hinweis auf eine Haller Familie, deren Mitglie-
der seit Mitte des 14. Jh. wechselweise als Maler, Goldschmiede und
Glaser nachgewiesen sind.
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den charakteristischen Werken des oberheinisch-seeschwäbischen dolce Stil nuovo offenbart. Ähnlich vage, d.h. im
wesentlichen auf die zeittypischen Architekturrahmungen beschränkt, bleiben auch die von Fritzsche konstatierten
Bezüge zur Regensburger Glasmalerei, genauer zum jüngeren Nothelferfenster von 1330/40 im Regensburger Dom,
für das im übrigen Stilanalogien in der österreichischen Glasmalerei - in den umfangreichen Resten der Chorvergla-
sung der Grazer Leechkirche - beobachtet worden sind10. Die gedrungenen Proportionen und die breit angelegten
Gesichter der Segringer Figuren ließen sich jedoch - gemessen an den genannten Werken des ersten Jahrhundertdrit-
tels - im Stilniveau viel eher den jüngeren Fenstern der Nebenchöre in der Wallfahrtskirche von Straßengel in der
Steiermark vergleichen, für die Ernst Bacher eine Entstehung in den sechziger Jahren des 14. Jahrhunderts vorge-
schlagen hat11. Mit ihren trecentesk verräumlichten Architekturgehäusen vertreten diese allerdings aufs Ganze gese-
hen eine entschieden fortgeschrittenere Entwicklungsstufe als das Segringer Fenster mit seinen altertümlichen, ortho-
gonal projizierten Kielbogen- und Wimpergarkaden, womit indirekt eine etwa ein bis zwei Jahrzehnte frühere
Entstehung des letzteren zu begründen ist. Trotz der zeitlichen und räumlichen Nähe zu Rothenburg o.T. sind zur
älteren Chorfenstergruppe der Jakobskirche über Einzelmotive hinaus keine sichtbaren Bezüge herzustellen. Daß die
Reichsstadt Dinkelsbühl um die Mitte des 14. Jahrhunderts bereits über eingesessene Glasmaler verfügte, ist nicht
unbedingt vorauszusetzen, denn erst mit dem ambitionierten Neubau der dortigen Georgskirche rund ein Jahrhun-
dert später durch Nikolaus Eseler d.Ä. und seinen Sohn (1448-1488) bot sich genügend Auftragsvolumen, um einen
Anreiz für die Niederlassung einzelner Meister zu bieten. In Stil und Anspruchsniveau recht gut vergleichbar sind
andererseits die Reste der Chorverglasung der Katharinenkirche im benachbarten Schwäbisch Hall (um 1340/50), die
gerade aufgrund ihres ähnlich zwittrigen Stilbildes für eine örtliche Glasmaler-Werkstatt in Anspruch genommen
wurden12.
Vorbemerkung zum Katalog: Die Glasmalereien wurden im April 1997 in situ untersucht und neu aufgenommen.
CHORFENSTER I
Fig. 360-362, Abb. 399-406
Lichtes Gesamtmaß: H. ca. 4,20 m, B. ca. 1,12 m.
Dreibahniges Fenster von fünf Zeilen, zuzüglich dreier Kopfscheiben in Form genaster Spitzbögen (in der Mittellan-
zette überhöht); Maßwerk mit einem großen genasten Dreipaß.
Rechteckscheiben (lichtes Maß): H. 62,5-64,5 cm (in eingebautem Zustand durch Deckschienen minimal verdeckt);
B. 28,5-29 cm.
Gesamtaufnahmen: Vorkriegszustand und Aufn. 1968 (CVMA Bildarchiv); CVMA A 115 54; Großdia A 130
ia APOSTEL MATTHIAS
Komplett neu von Zettler (1897).
Inschriften: Im linken Randstreifen bezeichnet: S • MATHIS •
ib APOSTEL JAKOBUS MAIOR
Komplett neu von Zettler (1897); vor Kriegsbergung in ic.
Inschriften: Im rechten Randstreifen: S • JACOPVS • MAJ •
ic APOSTEL THOMAS
Komplett neu von Zettler (1897); vor Kriegsbergung in ib.
Inschriften: Im linken Randstreifen: S • THOMAS •
2a APOSTEL JAKOBUS MINOR
Komplett neu von Zettler (1897).
Inschriften: Im linken Randstreifen: S • JACOPVS • MIN •
2b HL. BISCHOF Fig. 361, Abb. 399, 405
H. 62,5-63 cm, B. 28,5 cm.
Vor Kriegsbergung in 3a, vor Schutzverglasung in 3c.
Erhaltung: Die Ergänzungen Zettlers bleiben im wesentlichen
auf den Randbereich (Randstreifen und Zinnenbekrönung)
sowie wenige Teile des Architekturbogens und des Rautengrun-
des beschränkt. Transparenzminderung durch Verbräunung und
außenseitigen Wetterstein. Bemalung weitgehend intakt.
Ikonographie: Hl. Bischof mit Buch und Pedum. Möglicher-
weise war die Figur, die durch kein spezifisches Attribut ausge-
10 Fritzsche, CVMA Deutschland XIII,1, 1987, S. 306; zum Verhältnis
Graz-Regensburg vgl. Bacher, CVMA Österreich III,1, 1979, S. XXIXf.,
20.
11 Vgl. Bacher, CVMA Österreich III,1, 1979, S. 127-131.
12 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland 1,2, 1986, S. 210-217, bes.
S. 214 und Anm. 14, mit Hinweis auf eine Haller Familie, deren Mitglie-
der seit Mitte des 14. Jh. wechselweise als Maler, Goldschmiede und
Glaser nachgewiesen sind.