DIE ERSTAUSSTATTUNG DER NORDKONCHE
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legungen mit ein, so waren in der nördlichen Konche,
dem Zentrum der Elisabethverehrung, zunächst drei
Fenster aufwendiger zu verglasen, da mit der bis 1270 si-
cher fertiggestellten Sakristei zwei Fenster dieses Gebäu-
deteils ihre Beleuchtungsfunktion verloren. Hier befand
sich einst das Elisabeth-Medaillonfenster, das vor seiner
Versetzung durch Neidert in unmittelbarer Nähe des Eli-
sabethgrabes, wahrscheinlich in Fenster nord VIII saß
(Fig. 507): Denn dort sind die Lanzetten durch die noch
heute an ursprünglicher Stelle vorhandenen Quereisen
in identische Felderabschnitte unterteilt143. Jenes in Feld
ib des Medaillonfensters eingeflickte Rundbild mit der
Geburt Christi war Bestandteil eines christologischen
Zyklus, doch lässt es sich stilistisch weder mit der Werk-
statt der monumentalen Standfiguren im Ostchor noch
mit der Werkstatt des Genesis-Fensters verbinden. Dage-
gen besteht die nächste Verwandtschaft zum Stilbild des
Medaillonfensters, sodass seine Ausführung durch einen
Meister dieser Werkstatt naheliegt144. Als einzig mög-
licher Ort für diesen Zyklus kommt das Achsenfenster
der Nordkonche in Frage.
Die ursprüngliche Anordnung der beim Versatz durch
Neidert durcheinandergeratenen Abfolge der Elisabeth-
medaillons konnte bereits Haseloff 1907 ermitteln. In
den beiden Fensterbahnen sind Szenen aus dem Leben der
Heiligen deren karitativem Wirken in Gestalt der Taten
der Barmherzigkeit (Mt 25,35-40) gegenübergestellt (Fig.
508). Die darüberliegende Maßwerkrosette bringt in ei-
ner Art Synthesis die Krönung von Franziskus und Eli-
sabeth durch Christus und Maria zur Darstellung. Über
den Inhalt des heute verlorenen ersten Medaillons im
Vitenstrang kann die achtteilige Bildfolge auf dem Eli-
sabethschrein aufklären, zu der sich überhaupt derart
enge inhaltliche und ikonographische Parallelen ergeben,
dass für die künstlerische Ausführung auf die Benutzung
gleichartiger Vorlagen geschlossen werden darf (Fig. 510-
515)145. Am Schrein wird allerdings auf eine Trennung in
Leben und Wirken verzichtet; hier hebt die Bilderzäh-
lung mit der Kreuznahme Ludwigs an, die auch in die
Elisabethvita der rechten Fensterbahn eingeführt haben
wird146. Insgesamt steht die bildnerische Umsetzung der
Heiligenvita den gleichermaßen originellen wie detail-
reichen Zeitzeugnissen zu Elisabeth jedoch merkwürdig
verhalten bis unscharf gegenüber. Der Zwang zur Einbet-
tung der Heiligen in kanonische Bildformeln verdrängte
die individuellen Konturen im Bild offenbar zugunsten
seiner propagandistischen Zielrichtung.
Fig. 508. Marburg, Elisabethkirche, Elisabethfenster (Chor s II).
Köln(?), um 1245/50.
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legungen mit ein, so waren in der nördlichen Konche,
dem Zentrum der Elisabethverehrung, zunächst drei
Fenster aufwendiger zu verglasen, da mit der bis 1270 si-
cher fertiggestellten Sakristei zwei Fenster dieses Gebäu-
deteils ihre Beleuchtungsfunktion verloren. Hier befand
sich einst das Elisabeth-Medaillonfenster, das vor seiner
Versetzung durch Neidert in unmittelbarer Nähe des Eli-
sabethgrabes, wahrscheinlich in Fenster nord VIII saß
(Fig. 507): Denn dort sind die Lanzetten durch die noch
heute an ursprünglicher Stelle vorhandenen Quereisen
in identische Felderabschnitte unterteilt143. Jenes in Feld
ib des Medaillonfensters eingeflickte Rundbild mit der
Geburt Christi war Bestandteil eines christologischen
Zyklus, doch lässt es sich stilistisch weder mit der Werk-
statt der monumentalen Standfiguren im Ostchor noch
mit der Werkstatt des Genesis-Fensters verbinden. Dage-
gen besteht die nächste Verwandtschaft zum Stilbild des
Medaillonfensters, sodass seine Ausführung durch einen
Meister dieser Werkstatt naheliegt144. Als einzig mög-
licher Ort für diesen Zyklus kommt das Achsenfenster
der Nordkonche in Frage.
Die ursprüngliche Anordnung der beim Versatz durch
Neidert durcheinandergeratenen Abfolge der Elisabeth-
medaillons konnte bereits Haseloff 1907 ermitteln. In
den beiden Fensterbahnen sind Szenen aus dem Leben der
Heiligen deren karitativem Wirken in Gestalt der Taten
der Barmherzigkeit (Mt 25,35-40) gegenübergestellt (Fig.
508). Die darüberliegende Maßwerkrosette bringt in ei-
ner Art Synthesis die Krönung von Franziskus und Eli-
sabeth durch Christus und Maria zur Darstellung. Über
den Inhalt des heute verlorenen ersten Medaillons im
Vitenstrang kann die achtteilige Bildfolge auf dem Eli-
sabethschrein aufklären, zu der sich überhaupt derart
enge inhaltliche und ikonographische Parallelen ergeben,
dass für die künstlerische Ausführung auf die Benutzung
gleichartiger Vorlagen geschlossen werden darf (Fig. 510-
515)145. Am Schrein wird allerdings auf eine Trennung in
Leben und Wirken verzichtet; hier hebt die Bilderzäh-
lung mit der Kreuznahme Ludwigs an, die auch in die
Elisabethvita der rechten Fensterbahn eingeführt haben
wird146. Insgesamt steht die bildnerische Umsetzung der
Heiligenvita den gleichermaßen originellen wie detail-
reichen Zeitzeugnissen zu Elisabeth jedoch merkwürdig
verhalten bis unscharf gegenüber. Der Zwang zur Einbet-
tung der Heiligen in kanonische Bildformeln verdrängte
die individuellen Konturen im Bild offenbar zugunsten
seiner propagandistischen Zielrichtung.
Fig. 508. Marburg, Elisabethkirche, Elisabethfenster (Chor s II).
Köln(?), um 1245/50.