Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1917)
DOI Artikel:
Vom Heute fürs Morgen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0061

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
und unbegrenzte Vielfältigkeiten
brausen zusammen und lösen sich in
dem vollkommensten Linheitsgefühl.
Wie eine Erinnerung an das Men»
schendasein durchläuft es mich, als
müßte ich diesen Boden küssen, der
mir so aufgetan ist. Ich könnte
auch weinen, oder singen, oder mich
an den Stämmen der Bäume fest«
halten — aber doch lieber noch ganz
unbeweglich liegen und mit all die-
sem da zusammen atmen, als ob
mein Mund die Last von Rosen«
blättern, oder die Erde, oder einen
Flug von Träumen trüge.

Fern bin ich von allen Begrif-
fen der Schwere — bin ganz mit
Pan, für den es nicht groß, nicht
klein, nicht wesentlich oder unwesent-
lich, nicht du oder ich gibt — für
den nur das Leben, das Leben selbst
da ist.

Meine tzände sind durchblutet,
meine Lippen zucken. Der Wind
kommt kühl gegen meine warme
tzaut. Die Bäume atmen, und die
Düfte laufen wie eine tzerde frei-
gelassener Tiere über die tzalden.
Pan geht unter ihnen und lockt sie
mit der Flöte.

Ich weiß nicht, wie ich heimfinde.
Der erste Mensch, mit dem ich rede,
sieht mich an, als käme ich aus der
Wildnis. Aber er ist es, der mir
das menschliche Gleichmaß wiedergibt.

Loni Schwabe

„Sportgrimassen"

enn jemand von Sporlübertreü-
bungen redet, dann pflegt er
auch darauf hinzuweisen, mit wie
häßlichen, verzerrten Gesichtern die
Sportwettkämpfer ans Ziel kom-
men. — Gewiß, auf dem grünen
Rasen sehen wir ganz andere Ge«
sichter, als wir sie im Zirkus oder
auf der Bühne gewohnt sind —
aber sind sie denn wirklich häßlich?
Das kann man nicht nach der »Ge-
wohnheit^ entscheiden.

Wie kommt die Verzerrung des
Gesichtes zustande? Auf verschiedene
Weise: wenn wir irgendeine Vewe«
gung ausführen, so benutzen wir
dazu nie nur einen Muskel, sondern
stets mehrere, die sich gegenseitig
teils unterstützen, teils Widerstand
leisten. Aus ihrem Zusammen- und
Gegenspiel fließt jene Zweckmäßig--
keit und Abrundung der Bewegung,
die ihr die Schönheit verleiht.

Bei starken Bewegungen werden
nun aber nicht nur die unbedingt
dazu notwendigen Muskeln und
Glieder betätigt, sondern auch an-
dere. Wir machen tzilfsbewegungen
— umsomehr, je mehr wir ermüden.
Wenn wir zum Beispiel schnell und
andauernd laufen, bewegen wir die
Arme mit, heben — zur Erleichte-
rung der Atmung — den Brustkorb,
strecken den tzals und blähen die
Rasenflügel.

Dazu kommt noch, daß die Ner-
venerregung bei stärkerer Bewegung
leicht hinüberflutet auf andere Ner-
vengebiete. Das können wir na-
mentlich bei Rngeübten, die sich we-
niger in der Gewalt haben, beob-
achten. Sie hampeln und zappeln
in der Erregung, die eine größere
Entschließung und Anstrengung mit
sich bringt.

Rngeübte machen leicht auch die
gewollte Bewegung zu groß und zu
stark, so daß das bewegte Glied über
das Ziel Hinausschießt und durch
andere Bewegungen zurückgeholt
werden muß.

Weiter wirkt auch der Affekt mit.
Wille, Lrwartung, Berechnung,
Freude, Schmerz, Zweisel, Betrü-
bung, Arger, alle die können mit der
Bewegung — etwa mit einem Wett-
lauf — verbunden sein und spiegeln
sich in bestimmten Bewegungen,
Spannungen und Entspannungen
des Körpers und im besonderen des
Gesichtes wieder.

Schließlich macht sich auch die Er-
schöpfung durch Form« und Aus-
 
Annotationen