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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 20 (2. Juliheft 1917)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0117

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tums beruht. Die Iugend entschied
sich -gegen sie, als die letzte ent«
scheidenste Probe zu bestehen war.
Ardeutsch bis in die Knochen, strömte
sie in hellen Haufen zu den Fahnen
des Kaisers, und der Schlachtgesang,
unter dem unsere Iugendblüte bei
Langemark dem Vaterland jauchzend
sich opferte, »Deutschland, Deutsch«
land über alles« verdrängte auch
die letzten Lrinnerungen an einen
häßlrchen Traum, den noch ein
Iahr zuvor »die freideutsche Iu«
gend« unter dem Absingen des Lie-
des »Seid umschlungen, Millionen«
auf dem tzohen Meißner geträumt
hatte.^

Wir wissen ja schon längst, daß
die Vertreter der entgegengesetztesten
politischen und sozialen Anschauun-
gen und Forderungen jetzt in gleicher
Weise siegesbewußt auf die unver-
gleichlichen Leistungen unseres Vol-
kes in diesem Weltenringen hinwei-
sen mit dem Rufe: Hat sich nicht al-
les glänzend bewährt, was gerade
wir wollten und forderten? Wie
unsere Iugend über „freie Iugend-
kultur^ denkt, wird sie selber viel-
leicht sagen, wenn sie aus Mmp-
fen wie denen bei Langemark wieder
ins friedliche Deutschland zurückge-
kehrt sein wird. Ob sie sich da ihrer
Begeisterung auf dem Meißner schä-
men wird, wollen wir in aller Ruhe
abwarten. Aber auch Professor
Brunner wird doch wohl die bei-
den Männer, denen wir das Lied
»Seid umschlungen, Millionen« zu
verdanken haben, Schiller und Beet-
hoven, nicht zu denen rechnen, die
„gegen die Grundlagen anstürmten,
auf denen die Macht und Größe
unseres Volkstums beruht^, und vor
deren vaterländisch unzuverlässigem
Geist wir unsere Iugend warnen
müssen.

* Eine Frage: war Herr Brunner
auf dern Meißner, daß er da aus
eigener Anschauung mitsprechen kann?

Oder sollte er am Ende doch?
So unmöglich wäre es nicht, denn
er liebt bei seiner Volks- und Iu-
genderziehertätigkeit auch sonst Wege
zu gehen, die andre nicht betreten
mögen. Sowohl in seiner amtlichen
Tätigkeit als Zensor für Kino und
Schundliteratur, wie auch als Her-
ausgeber der „Hochwächt", die er
als „Monatsschrift zur Bekämpfung
des Schundes und Schmutzes in
Wort und Bild" gründete, widmet
er sich der Bekämpfung der Schund-
literatur. Die glaubt er am be«
sten dadurch zu leisten, daß er durch
persönliche Bemühungen eine „Ver-
legervereinigung für Volksliteratur"
zustandebrachte, in der sich fast
sämtliche deutschen Verleger — für
Schundliteratur zusammenfanden.
Ihr Vorsitzender ist der Inhaber
des „Dresdner Romanverlags", des
schlimmsten aller deutschen Schund«
verlage. Professor Brunner aber
steht ihr als freundlicher Berater
und eifervoller Wahrer ihrer bedroh-
ten Berufsinteressen zur Verfügung.
Seine „Hochwacht^, die sich der
„Pflege der geistigen und sittlichen
Volksgesundheit" widmet und u. a.
mit besonderem Eifer gegen die mit
halb verhüllter Lüsternheit lockenden
Anzeigen in gewissen Zeitschriften
wettert, diese Monatsschrift mußte
in sieben Iahren fünftnal den Ver-
lag wechseln, Brunner hat sie
neuerdings einem anvertraut, der
jahrelang in denselben Zeitschriften
Werke anpries wie «Frau Amanda
und ihre Kinder, das Buch für
das Intimste der Lltern", „Der
weibliche Busen in Kunst und Na-
tur", „Die widernatürliche Heirat,
Roman einer sittenlosen Lhe" und
ähnliche. Freilich nennt er diesen
Verleger nicht mit Namen, son-
dern ersetzt ihn durch einen un-
persönlichen „tzochwacht-Verlag".
Die oben gekennzeichnete Schrift
„Ansere Iugend, unsere Zukunft"
erscheint im gleichen Verlage, so-

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