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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

DOI Heft:
Heft 7 (1. Januarheft 1918)
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Fischer, Theodor: Was ich bauen möchte
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0021

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Weil ich aber trotz Impressionisten, Kunstgewerblerrr und was sonst jetzt obenan
ist, die Baukunst als die erste der Künste ansehe und meine, daß es ihr wohl
anstehe, die Schwestern zum Fest zu laden; weil ich ferner glaube, dort, wo ich
hinsteuere, eine Lücke in der künstlerischen Kultur wahrzunehmen, sei es mir
vergönnt, einmal ein Haus besonderer Art auf dem Papier zu banen, das vor--
läufig mangels des freundlichen Banherrn in Stein nicht aufgeführt werden kann.

Iuerst nun das Haus und dann das Wie nnd Warum!

Irgendwo in Deutschland, wahrscheinlich —- aber nicht notwendig — im prote-
stantischen Teile Deutschlands, in einer großen oder mittleren Stadt, auf einem
Platz, der nicht im lärmenden Verkehr, aber am Verkehr liegt — es könnte
wohl auch ein Rückplatz sein —: ein tzaus, nicht zum Bewohnen für Einzelne
und Familien, aber für Alle, nicht zum Lernen und Gescheitwerden, sondern nur
zum Frohwerden, nicht zum Anbeten nach diesem oder jenem Bekenntnis, wohl
aber zur Andacht und zum inneren Erleben. Also keine Schule, kein Museum,
keine Kirche, kein Konzerthaus, kein Anditorium! And von all diesen doch
etwas und noch etwas Anderes!

Das Haus, wenn es in einer mittleren Stadt erbaut würde, sähe etwa so
aus: der Vorraum stattlich, aber sehr einfach; vorbereitend, sicher nicht ver--
blüffend. Von Stil — auch dem allermodernsten — keine Rede! (Der Teufel
hole die Stilomanen!) Kleiderablagen für besondere Fälle festlichsr Art sind
vorgesehen; für gewöhnlich aber geht jeder Wann und jede Frau so, wie sie auf
der Straße wandeln, hinein. Wenn's dem Architekten nicht gelingt, allein mit
der Stimmung seines Raumes den Mann zu zwingen, den Hut abzunehmen,
und die Frau, ihre Stimme zu zügeln, ist er für diese Aufgabe nicht geschaffen.
— Aber mäßige Stufen geht's zum großen Saal, für dessen Schilderung ich
schon des Gedenkens an Kirchenräume, spätmittelalterliche, katholische etwa, be-
darf, da der ueue Lypus eben erst geschaffen werden muß. Stark in der Stim-
mung, doch nicht willkürlich persönlich, da der Raum, der Träger des Lebens,
nicht selbsl lebendig werden darf. Farbig und vielgestaltig, so daß der Fremd-
ling wohl eine Stunde mit der Betrachtung der fest mit dem Saal verbundenen
Kunstwerke beschäftigt wäre; aber nicht so farbig und vielgestaltig, daß nicht
selbständige Kunstwerke des Malers oder Bildhauers mit voller Wirkung darin
vorübergehend ausgestellt werden könnten. Ganz übersichtlich im Raum, nur
mit einem Podium für Musiker und die Orgel, aber doch nicht ohne den Reiz
von wechselnden starken Lichtern und Dämmerungen. So denke ich mir den
Saal, der etwa tausend Menschen Platz bieten könnte. Wenn nun dazu die
nötigen Nebenzimmer für die Vorbereitungen eingerichtet würden, so könnte
man sich eigentlich begnügen, denn je schlichter das Programm dem Architekten
gegeben wird, desto näher ist er von vornherein dem Monumentalen. Aber so
schlicht und durchsichtig, wie ehedem, werden wir unser Leben ohne weiteres nicht
wiedergestalten können, und so muß auch mein Programm sich eine Erweiterung
gefallen lassen, um dem Leben von heute nahezukommen: ein zweiter kleinerer
Saal wird im Gegensatz zu dem großen, der allein den Künsten gewidmet ist,
den Bedürfnissen des Intellektes nachgehen, ein Vortragssaal selbstverständlich
mit Lichtbildeinrichtung. Weiter das Programm auszudehnen, wird jeweils
das örtliche Bedürfnis mit sich bringen oder entbehren lassen.

Für die äußere Architektur würde ich keinen Pfennig hergeben, der im
Innern noch zur Vollendung verwendet werden kann.

Das wäre also ungefähr das Ienenser Volkshaus oder eine ähnliche volks-
freundliche Veranstaltung in London, Wien oder anderswo? Gewiß, mancher
von meinen Wünschen ist dort erfüllt. Wesentliches aber ist doch verschieden,

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