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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 8 (2. Januarheft 1918)
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Avenarius, Ferdinand: Wilhelm Trübner
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Aus dem Briefwechsel zwischen einem Deutschen und einem Neutralen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0059

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scheinen nnr gestellte Akte ohne Leidenschaft, ohne innere Belebung, nichts weiter.
Nicht erschaut, alles arrangiert. Und an innerlichem Erleben gleichfalls er--
istaunlich arm scheint mir Trübners Kreuzigung, als Menschenschilderungen
arm erscheinen mir seine Bildnisse, als Theater sein alter Kaiser auf dem
Schlachtfelde mit den Walküren. Gestellt unü ohne Eigenleben kommeu mir
sogar seine raufenden Buben vor, und ich meine: man braucht sie nur mit
denen Lhomas zu vergleichen, um darüber klar zu sein. Unsre Kunstschrift--
steller minderen Schlages üben sich, wenn sie einen als groß preisen wollen,
gern darin, so viel oder so wenig sie selber haben in ihn hineinzusehn und das
aufzublasen. Sie erreichen damit in der Suggestion ihrer selbst und ihres
Publikums, daß beide auch „alles Mögliche" in ihnen „finden". Eben das aber
hält sie ab, das Besondre zu sehn, was aus den Werken selber, was aus
der Persönlichkeit ihrer Schöpfer heraus sie mit echtem fortdauerndem Leben
bereichern und befruchten könnte.

Trübner war kein Maler-Poet, wie Klinger, Böcklin, Lhoma, Haider, wie
auch Uhde, er war nur Maler. Das „nur" bedeutet aber an und für sich
hier keine Minderung, sondern nur eine Amzeichnung des Wesens. Der starke
Maler gilt sicherlich mehr, als der schwachmatische oder gar der dilettantische
Malerpoet. Trübner hat als geistig reger Mensch gelegentlich eine Beobachtung
gescheiter Art oder einen Scherz gemalt, die auch als solche nicht schlecht waren,
aber das war nichts Charakteristisches für ihn. Als spezifischer Maler
dagegen gehörte er zu denen, ohne welche man die Malerei unsrer
Zeit nicht kennt.

Sehen wir ihn so, so empfinden wir, daß aus allen seinen Gemälden etwas
ganz anderes strömt, als etwa bei Leibl, dem er auf den ersten Blick viel näher
verwandt scheint, als auf den zweiten. Das einzelne interessiert Trübner lange
nicht so, wie jenen zum mindesten in seiner früheren Zeit, er hat teinen »spitzeu
Pinsel", er beginnt schon breit, wird Lis in seine letzte Zeit noch immer breiter
und im Franz Halsischen Sinne fleckiger. Nicht, daß er dabei besonders geist--
reich wäre, wie gerade Franz Hals oder wie von den Lebenden Liebermann.
Zum Pointieren ist er zu ruhig; wenn er Unruhe gibt, wie besonders auf den
Reiterbildern, so nimmt er sie herüber, weil er sich draußen vor der Natur
an ihrem heiteren Leben freut, nicht etwa, daß die Anruhe aus einem artistischen
Brillieren käme. Seine besten Bilder aber scheinen die Ruhe selbst. So etwa:
ein Streif vor dem See, ein Streif selber See, ein Streif Ufer, ein Streif
Himmel still übereinander, und das klingt in voller Harmonie zusammen. Oder
ein Gebäude breit im Park, in klarem, aber in sich reichem Klange» bei dem
ein kühler Schatten über warmen Grund spielt. Oder ein Akt im Grün,
im Inkarnat umgetont vom Widerschein seiner Amgebung. Sieh dich hinein,
und alles gleicht sich darin wohlig aus. Sieh dich hinein, und das Wohlgefühl
kommt über dich, das den Maler beglückt hat: das der restlosen Hingegebenheit
an das Schauen, das Schauen von Schönheit, das der Befreitheit von allem
Körperlichen, das des starken und doch sanften Lebens im reinen Schein.

Pielleicht, daß man die Künstler von Trübners Art eine Weile lang über-
schätzt hat. Vielleicht. Ietzt werden sie ganz sicher von allen denen unter-
schätzt, die mit Reflexionen und Experimenten dem nachgehn, was nur dann aus
den Tiefen kommt, wenn es aus den Schätzen des Anbewußten schöpft. And gar
von denen, welchen das Entscheidende ist, welcher „Richtung" einer angehört,
und ob das auch ja die allerneueste sei.

Aus dew Briefwechsel

zwischen einem Deutschen und einem Neuttalen
>?^in Freund des Kunstwarts, der sehr viel mit dem Auslande zu tun hat,
I ^l^schickte mir neulich seinen Briefwechsel mit einem Neutralen zum Lesen. Der
ein bekannter Mann von führender Tätigkeit in einem wissen-
schaftlichen Beruf, fühlt sich uns Deutschen gegenüber bei aller „Milde" seines
Lons so reichlich überlegen, daß aus einem Briefwechsel nicht viel geworden wäre,

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