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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 9 (1. Februarheft 1918)
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Bald wird wieder der Friede sein: Stimmungen aus dem Felde
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0080

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Bald wird wieder der Friede sein

Stimmungen aus dem Felde

^^ch weiß wohl, daß jetzt vielzuviele schreiben, mehr schreiben, als den
^^anderen gut ist, zu lesen. Trotz Papier-- und Leutemangel erdrückt
<^)uns mitten im vierten Kriegsjahr schier die Flut des geschriebenen
Wortes. Wenn nun auch ich unter die Federlustigen gehe, so geschieht
es nur darum, weil ich es wie eine Not auf meinem Herzen fühle, daß
in all diesem papiernen Streiten Millionen heute keinen Vertreter nnd
Anwalt besitzen. Da ist es denn ein heiliges Muß des Gewissens, den
Leuten von der Front und denen, die irgend sonst im Soldatenrock stecken
und die der ganzen Schreibarbeit ferne stehen, hilfreich zn sein und für
sie, wenn es nötig wäre, seine Zunge wund zu reden. Wohl inöchtsn sie
aus deni Drang und Nngestüm ihrer überladenen Seele heraus für sich
selber sprechen. Aber die Eigenart ihrer Lage fügt es, daß sie in
ihrer Gesamtheit und dem gemeinsamen Wollen, das ihnen allen und
ihnen allein gehört, nicht zu Worte kommen. So will ich denn versuchsn,
die Stimmungen znsammenzufassen, die ans dem Kriege herausgewachsen
sind in die innere Welt unserer feldgrauen Bürgersoldaten als die Weg--
weiser deutscher Zukunft. Nur wie Nebensächlichkeiten tauchen ihre Her--
zensdinge ab und zu zwischen uns auf. Dennoch gründet sich in ihnen
mehr die wogenschlagende Tiefe der Zeit als in dem Schaum der Wichtig-
keiten, die sich als die großen Fragen des Tages gebärden, letztlich aber
bloß versprengte Nichtigkeiten sind. Wie bald wird sis der rücksichtslose
Gang des Lebens verschlingen!

^vrir sind Soldaten, aber bald werden wir wieder Vürger sein. Welches
^^Gefühl ist das! Wieder den grauen Rock ausziehen dürfen, der
uns vor uns selber fremd gemacht hat! Wieder in sein altes Kleid, sein
altes Leid und seine alte Freude schlüpfen dürfen! Wer mißt das aus?
Wahrlich, das gilt mehr als ein Erlebnis und als ein Werk. Das muß
wie eine Offenbarung in uns auferstehen und wie eine Tat aus unsern
Händen fließen. Aber wissen wir auch, was uns frommt? Wissen wir>
daß uns heiße Flammen entgegenlodern und daß die Gefahr riesengroß
ist, blind zu werden, wenn die Enttäuschnngen des Zwischenspieles uns
überfallen? — Wohl wenige von uns sehen die Kluft, die wir überbrücken
müssen, um in unserm alten Leben auch wieder heimisch zu sein. Daß wir
nicht in der Luft hängen, müssen wir uns einen Grund und Boden unter
dsn Füßen schaffen. An der Heimat liegt es, uns da zu helfen. Wir
haben im letzten Gemach unsrer Seele das Vertrauen zu ihr, daß sie nns
beisteht und nicht entgegenwirkt wie oftmals jetzt. Denn: wie vieles Nn-

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I. Februarheft isis (XXXI, 9)
 
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