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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 20.1902

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Beck, Paul A.: Wielandiana
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https://doi.org/10.11588/diglit.18298#0071

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Ln e§ar6) im Gegensatz zu Betrachtung
( — coimicleration) W. gegen Adelung
(welcher dieses oberdeutsche Wort in
der reinen Schreibart besser vermieden
wissen will) sich ereifert (a. a. O.
S. 287); ferner aus dem 2. Ges.,
4. u. 5. St. die „Musche", d. i.
ein Schminkpflästerchen hervorgehoben sein
soll, über welche W.'s eigene Bemerkung
(a. a. O. S. 289) nachgeleseu werden
möge. Des echt oberschwäbischen „Schmäh-
lens" (5. Ges., 12. St.) — zanken nicht
zu vergessen! Dazu noch die Redensarten:
Nicht eine Bohne darum geben (nicht eine
Bohne wert sein) im 3. Ges., 17. St. und
öfters „weiß machen" — vermachen (7.
St. ff.). Im 8. Ges., 14. St. ist von
einem „Faunenrechte" die Rede. Das
famose „Bleumourant" (Don, Prinz
Bl., der edle Ritter von Trebisond, 1. Ges.,
10., 13., 16., 19. St., 6. Ges., 12., 14.,
23., 26., 32. St., 15. Ges., 10., 18. St..
16. Ges., 15., 19. St., 18. Ges., 9., 11.,
26. St.) darf natürlich auch nicht fehlen
— ein zur Nach-Wielandszeit in der Form
blümerant ins Deutsche übergegangenes
seltsames Wort, dessen Ableitung schon so
viel Kopfzerbrechens verursacht, welches
aber wohl einfach aus unrichtiger Aus-
sprache des französischen Wortes (bli(i)-
me(ö)rant) entstanden ist. Nach Andresen
entspränge es mit Anlehnung an Blume (!)
aus dem französischen dien - mournnt
(— blaß-, mattblau), wofür aber die
französische Sprache bleupüle und noch
andere Wörter hat. Anders und besser
Frz. Sandvoß in seiner anonym im
Verlag Löscher u. Cie. in Rom vor
etwa 25 Jahren erschienenen Schrift:
„Spreu und a. Hampfel, ausgeworfen von
Tantippus," nach welchem hier wie in den
Fluchformeln pardleu, mortdleu etc.,
da man den Namen Gottes nicht unnütz
führen soll, eine euphemistische Abänderung
des Wortes pur Oien, mort äe Dieu
vorliege, ähnlich wie in deutschen Aus-
rufen „Potz Marter!" (statt Gotts Marter),
Potz Wunder! (statt G-otts Wunder) u. s. w.
„Man könnte auch in der That nicht
sagen, jemand sehe blümerant aus,
wenn dies mattblau bedeuten müßte; man
will vielmehr sagen, was diese Redensart
ausdrückt, er sehe aus, wie das Leiden
Christi, wie der am Kreuze hängende

»Oieu moui Lirt«! Eine recht hübsche
Schöpfung ist im 2. Ges., 39. St. die
Prinzessin Landri nette (feiner wie die
oberschwäbische „L and Pomeranze"),
der, wenn sie auf ihren Zelter stieg, wohl
40—50 Prinzen den Fuß in den Bügel
zu setzen, um die Wette sich bemühten,
welche nach einer Reihe von Jahrzehnten
auf einmal in dem anmutigen Kunst-
reitergedichte Freiligraths: „L a n d ri -
nette" wieder anftaucht und von F.
wohl aus dem „Amadis" herüberge-
nommen worden ist. Im 11. Ges.,
17 St. wird der Ausdruck, „er hätte
sich nur emanzipieren wollen", in
dem Sinne gebraucht, er hätte sich unter-
fangen, beigehen lassen wollen, dies oder
jenes zu sagen oder zu thnn. Eine ganz
merkwürdige, heutzutage gleichfalls in Ab-
gang gekommene Redensart befindet sich im
17. Ges., 41. St.: „Ein Hut auf jeden
Unterrock!" (— ein Mann ans jedes
Weib), zu welcher W. selbst (a. a. O.
S. 322/323) bemerkt, daß es zu seiner
Zeit um d. Jahr 1770 in Franken, Thü-
ringen, Sachsen (und wohl auch in Schwa-
ben) nicht etwa nur unter dem gemeinen
Volke, sondern sogar unter Personen aus
den ersten Klassen Gewohnheit gewesen
sei, die Mannsleute „Hüte" zu nennen.
Wir haben nie recht dahinter kommen
können, wann und wie eine so seltsame
und dem männlichen Geschlechts offenbar
despektierliche (?) Benennung zur Mode
geworden, aber so viel ist gewiß, wenn es
anständig ist, statt Mannsperson „Hut"
zu sagen, so muß es auch erlaubt sein,
statt des Wortes Frauenzimmer oder Dame
sich hiefür des charakteristischeren Wortes
„Unterrock" zu bedienen. Man hat
in diesem Vers einen Versuch damit machen
wollen, um zu sehen, ob er die Ehre haben
werde, entweder die „H ü t e" abzuschaffen
oder die „Unterröcke" Mode zu machen.
Nun die Synonymität der Wörter Mann
und Hut ist längst unvermerkt verschwun-
den, wohl aber (was W. selbst nicht er-
hoffte) die Bezeichnung Unterrock,
Unterröcke für Weibsleute geblieben.
Bei diesem Anlasse mag angefügt werden,
daß man zu Anfang des 19. Jahrhunderts
in einigen Gegenden Schwabens (so zu
Villingen rc.) Hut hieß, was man sonst
Zopf oder „Haarbeutel" (— Räusch-
 
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