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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 20.1902

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Schilling, Albert: Die mutmaßliche apostolische Thätigkeit des hl. Gallus in der Gegend von Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.18298#0186

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178

Christentums, das unter den Römern
rasche Verbreitung erlangt hatte, unter den
Alemannen fortglimmte, so lebten doch die
meisten der letztern noch in der Nacht des
Heidentums. Sie verehrten ihre unsicht-
baren Gottheiten in heiligen Hainen,
dunkeln Wäldern, an murmelnden Quellen
in Thälern und ans Höhen. Muhte sie
nicht auch die geheimnisvolle Stille des
einsamen Thälchens — der heutigen Gallen-
klinge — ganz besonders einladen, dort
ihren Göttern zu opfern? Solche Opstr-
stälten, als geeignetste Orte zur Heiden-
bekehrnng, scheinen vom hl. Gallus, wie
ans Walasrids Erzählung eines Vorgangs
ans einem Opferfest zu Bregenz zu ent-
nehmen, mit Vorliebe ausgesucht worden
sein. Hefele H sagt: Bei dem Mangel
von Mitteilungen über die eigentliche apo-
stolische Thätigkeit des hl. Gallus ist uns
nur die Möglichkeit geboten, ans den in
früheren Zeiten an St. Gallen gemachten
Schenkungen und ans jenen Kirchen, welche
dem Andenken des hl. Gallus und seiner
Schüler in württembergischen Gegenden
geweiht wurden, ans die Ausdehnung des
Einflusses zu schließen, welche der hl.
Gallus und seine Stiftung auf die Chri-
stianisierung Württembergs ausgeübt haben.
Zn den ältesten Schenkungen, die an
St. Gallen gewacht wurden, und welche,
wie Hefele 2) weiter sagt, zur Annahme
berechtigen, daß diesen Schenkungen ein
lhätiger Einfluß auf die religiöse Seite
unserer Ahnen, eilte Gegenleistung voraus-
gegangen sein wird, gehört das Gut Biber-
burg unweit Cannstatt, welches Herzog
Gottfried von Alemannien im Jahre 708
zur Unterhaltung des Gottesdienstes, haupt-
sächlich zur Anschaffung von Kerzen dem
Kloster St. Gallen schenkungsweise abtrat.
Cannstatt, ursprünglich römische, dann
deutsche Niederlassung, war schon in früher
Zeit ein bedeutender Ort, in welchem Karl-
manu 746 über die aufständischen Herzoge
von Alemannien und Bayern zu Gericht
saß und Karl der Große 777 eine Ur-
kunde ausstellte. H Daß der hl. Gallus,
der einem Ruf des fränkischen Herzogs
Gunzo in Ueberlingen an sein Hoflager '
Folge geleistet hatte, bestrebt war, auch die !
0 Hefele, Geschichte der Einführung des Chri- !
ftentums. 306. 2) Ebendaselbst. 311. ch Mein- !
„chiger, Obernmtsbeschreibnng von Cannstatt. 129. !

alemannischen Großen für seine apostolische
Thätigkeit zu gewinnen, was am besten
durch persönliche Besprechung erreicht wer-
den konnte, dürfte mit Sicherheit anzn-
nehmen sein. Und so wird der hl. Gallus
an dem Wohnsitz eines alemannischen
Fürsten in Cannstatt oder der Altenbnrg
sich ebenfalls eingefnudeu haben. Eine
dortige Anwesenheit blieb zweifellos von
ihm sowohl zur Bekehrnng der Heiden,
als zur Läuterung christlicher Täuflinge
nicht unbenützt.
Wohl hatte der unglückliche Ansgang
der Schlacht bei Zülpich im Jahre 496
das Vertrauen der Alemannen zu ihren
Göttern erschüttert, allein die Christiani-
sierung Alemanniens nahm gleichwohl einen
raschen Fortgang nicht, denn der Franken-
könig Chlodwig ließ wie gegen die alther-
gebrachten Sitten und Gebräuche so auch
gegen die heidnische Religion der Alemannen
jedmögliche Schonung walten. Viel mochte
das Beispiel alemannischer Großen, welche
als königliche Gaugrasen zu christlichen
Staatsmännern des Frankenreiches in
häufige Beziehungen kamen, hierdurch mit
den Vorzügen der christlichen Religion be-
kannt und für dieselbe gewonnen wurden,
dazu beigetrageu haben, daß in der zweiten
Hälfte des 6. Jahrhunderts das Heidentum
mancherorten durch das Christentum ver-
drängt wurde. Je mehr nun letzteres Ver-
breitung erlangte, desto mehr zogen sich die
dem heidnischen Kultus treu gebliebenen Ale-
mannen mit ihren Opfermahlen in die Stille
und Verborgenheit der heiligen Haine zurück.
Eine in oer Nähe von Bolhuang ge-
legene heidnische Opferstälte, dort betriebener
heidnischer Kult konnten dem hl. Gallus als
er in Cannstatt geweilt haben mag, schwer-
lich unbekannt geblieben sein, denn Bothnaug
liegt nur 1 tts Stunden von Cannstatt ent-
fernt. Von hier nach Bothnang zu gelangen,
hielt überhaupt nicht schwer, weil eine Nö-
merstraße, das sogenannte Steinsträßle,
von Cannstatt aus hart an Bothnang vor-
bei nach Vaihingen a. d. F. führt. Er-
leuchtete der hl. Gallus die finsteren Herzen
in der „Gallenklinge" versammelter Heiden
mit dem Lichte des christlichen Glaubens,
so wird er auch in oder bei dem „Kreuz-
lenswald" das Kreuz als Sinnbild der
Erlösung aufgepflanzt haben.
Dieser Krenzlenswald, in einem Lager-
 
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