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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 15.1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.13588#0170

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gehaltene Parterre-Etage ist aufgegeben und dafür eine korin-
thische Pilasterstellung gewählt, auf der ein leichter eiserner Bal-
kon liegt, während dazwischen eine jonische Säulen- und Bogen-
stellung tritt. Diese Bogenstellungen sind zwar an und für
sich schön in den Verhältnissen, aber hier verfehlen sie ihren
Zweck als Basis vollständig.

Auf den Mittelbau zurückkommend, haben wir zu bemerken,
daß sich dieser in seinen fast allzu reichen Motiven am besten
aus der Beschreibung des Grundrisses entwickeln läßt. Die drei
bereits angeführten Bogen führen in ein rechteckiges längliches
Vestibül, das zugleich einen Theil der Einfahrt bildet und am
besten einem antiken Atrium mit umlaufender dorischer Ko-
lonnade und horizontaler architravirter Kassettendecke zu ver-
gleichen ist. Diese Decke wurde ganz sichtbar im Schmiede-Eisen
und Zink dargestellt und liefert einen höchst interessanten Belag
zu der Art und Weise, wie sich das als unmonumental ver-
schrieene Eisen trotzdem für ernste architektonische Bildungen mit
Erfolg benutzen läßt.

Die Architrave sind aus Blechröhren mit eingelassenen Zink-
füllungen gebildet, während die kleineren Zwischenbalken aus
einer Kombination von Fayon-Eisen hergestellt wurden, auf die
sich in Zink gegossenen reichgegliederte Ornamente legen. Ueber-
haupt ist diese Decke auch in ornamentaler Beziehung von hohem
Interesse, theils durch die überall hervortretende Wahrheit der
konstruktiven Verbindungen, indem z. B. sogar die Nietungs-
punkte sichtbar hervortreten und ornamental verwendet sind, theils
durch die von edlem Geschmack zeugende Färbung, deren ziemlich
zart gehaltenen Unterschiede die kräftigen Formen in bestimmtester
und ästhetisch wohlthuendster Weise zur Geltung bringen.

An diesen rechteckigen Raum schließt sich, als Fortsetzung
eines parallel mit der Hauptfront ziehenden Korridors, eine Reihe
von 6 Kuppelgewölben, die von der andern Seite durch
die Fortsetzung des dorischen Atriums in überhöhter Halbkreis-
form begrenzt wird. Zwischen diese halbrunde Säulenstellung
und die äußere Umringsmauer legt sich eine durch die vorliegen-
den Gewölbe etwas versteckte Freitreppe, welche zu dem runden,
mit einer Kuppel gedecktem Vorsaal führt, der den Zugang
zu dem über dem rechteckigen Atrium liegenden Festsaal bildet.

Beide Räume sind auch äußerlich zur Geltung gebracht,
und zwar der hinter dem Portikus liegende Festsaal durch eine
Attika, auf der sich das erwähnte Viergespann erhebt,
welches nach dem Rietschel'schen Modell auf's Neue von Howald
mit kunstverständiger Hand in Kupfer getrieben wurde, während
der in die Hoffatzade eingreifende, bis zum Hauptgesims halb-
kreisförmige Bau über diesen als Kuppel ausgebildet wurde.

Was die „Quadriga" betrifft, die wir hier sogleich erwähnen
wollen, so verweisen wir zunächst auf unsre heutige Illustration,
welche dieselbe in ihrem unversehrten (und wiederhergestellten) Zu-
stande zeigt, und fügen folgende Bemerkung hinzu: Das Modell,
welches Rietschel fertigte, stellt in Drittelgröße die Gruppe der
Brunonia-Quadriga in vollendeter Durchführung dar. Das
Werk selbst beträgt in der ganzen Höhe 30 Fuß; 15'/,, Fuß
hoch die Pferde und 17 Fuß die Figur der Brunonia für sich.
Jedes einzelne Pferd ist ein Bild feuriger Kraft. Die Köpfe
voll Leben und Muth, der Leib schön geformt, Haltung und

Bewegung in vorwärts strebendem Drang. Die Einzelheiten
der Haut, durch welche die Arterien schimmern, sind namentlich
deshalb bewundernswerth, weil das ganze Werk — und darin
liegt eben seine besondere Eigenthümlichkeit — nicht gegossen,
sondern in getriebener Arbeit ausgeführt war. Was die Figur
der „Brunonia" betrifft, so stellte sich dieselbe als ein in ma-
jestätischer Fülle prangendes Frauenbild dar. Der Kopf, mit
der Mauerkrone geziert, schließt sich in edler Weise dem wohl-
gebildeten Halse an, und die Züge des Gesichts vereinigen Würde
mit Anmuth, Kraft mit Milde. In hochgehobener Rechten hält
sie den vorwärtstreibenden Stab, welcher mit einem Lorbeer-
kranze geziert ist, worin sich der Buchstabe W befindet, die
linke Hand hält die Zügel gefaßt.

So schön die „Quadriga" ist, muß man doch beklagen,
daß durch sie und die Attika überhaupt die das Mittel der hinteren
Fayade bildenden Kuppel, welche zu dieser in schöner Harmonie
steht, überragt wird, während doch die Kuppel ihrer ganzen
Form nach das Hauptmoment der Krönung abgeben sollte. So
entspringt das große Mißverhältniß, daß von vorn gesehen die
höchsten Punkte der Kuppel unschön über das Gebäude dennoch
fortragen und in die sonst frei vor dem Himmel stehenden Kon-
turen des Viergespannes einschneiden. Statt daß also — hätte
man sich auf eine Bekrönung beschränkt— ein einfacher Ab-
schluß nach oben hin, sei es durch die Kuppel, sei es durch die
Attika mit der Quadriga erreicht worden wäre, stören jetzt beide
für sich bedeutende und schöne Theile nicht nur gegenseitig, son-
dern auch die harmonische Totalwirkung.

Im Innern treten diese Mängel nicht so zu Tage.

Der im Parterre halbkreisförmig ausgebildete Raum ist
mit Zuziehung der Gewölbereihe in der Beletage in einen recht
schönen Kuppelbau übergegangen. Vierzehn korinthische Säulen
mit goldenem Kapitäl und schwarzem Marmorschaft tragen das
erste Gebälk. Der als weit vorgestreckte Hohlkehle reich mit
Rankenwerk gezierte Fries trägt eine sehr schöne in Eisen ge-
gossene vergoldete Balustrade, welche in der Fußbodenhöhe der
zweiten Etage liegt. Auf dies untere Gebälk setzt sich eine Pi-
lasterstellung, die ein zweites Gebälk trägt, über welches sich die
reich kassetirte Kuppel wölbt. Die abendliche Beleuchtung mit
matten Ballons sowie am Tage das durch rothe Vorhänge ge-
dämpfte Licht geben diesem schönen Kuppelbau einen eigenthüm-
lichen Reiz, der besonders hier als Vorhalle zur vollen Geltung
kommt und zu dem Festsaal, in den wir nun durch eine schöne
Flügelthür, aus Mahagoniholz gefertigt, eintreten, einen sehr
gelungenenen Gegensatz bildet. Dieser Festsaal hat in seinen
Hauptdimensionen eine Ausdehnung von 72 Fuß Länge, 45 Fuß
Breite und 43 Fuß Höhe, geht also durch zwei Etagen. Dem-
gemäß hat auch der Saal eine zweietagige Anordnung. Auf den
langen Seiten bilden je sechs jonische gelbe Marmorsäulen
einerseits eine Vorhalle von der Kuppel aus, andrerseits den
Durchgang zu dem unter dem Portikus der Vorderfront liegen-
den Balkon. Das zugleich die Balustrade für die Musiktribüne
und Gallerien bildende Gesims bildet den Fuß für umlaufende
Karyatiden, die das Hauptgesims tragen, aus dem sich eine
reich dekorirte Hohlkehle erhebt, welche wiederum die kassetirte
Decke trägt. (Forts, folgt.)
 
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