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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 15.1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.13588#0217

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Inhalt.

Abhandlung: Kritische Streifzüge auf dem Gebiet der Aesthetik. Schein k. Prag, im Mai. (Kunstausstellung. Forts.)— U Rom, im Mai.

und Täuschung in der Kunst. (Forts.) (Ausstellung christlicher Kunst re. Forts.)

Korrespondenzen: P. K önigsberg, im Juni. (Wandervögel der Kunst.) Kunst-Chronil: Lokalnachrichten aus Berlin, Leipzig, Dresden, Oschatz,
— ch Düsseldorf, Ende Juni. (Bevorstehende Besetzung der Professur Dessau, Frankfurt a. M--, Nassau, Weil, Düsseldorf, München, Alt.

für Genremalerei.) — P. Wien, Ende Juni. (Oesterr. Kunstverein.) — Ofen, Athen, Rom, London, Washington.

Kritische Streifzüge auf dem Gebiet der Uesthetik.

Schrill und Täuschung in der Kunst.

Vortrag, gehalten in der Philosophischen Gesellschaft von Dr. Max Schasler.

3. Mimesis und Katharsis.

er große Aristoteles wird von
Denjenigen, welche entweder wirk-
lich die „Naturnachahmung" als
das Hauptziel der Kunst betrach-
ten, oder mit Plato den Werth der letzteren
dadurch herabzusetzen vermeinen, daß sie nur
Nachahmung der Natur sei, gewöhnlich als der
Gewährsmann für solche Ansicht angeführt, weil
er die schönen Künste gerade dadurch von dem
bloßen Handwerk, welches etwas „Nützliches"
schaffe, unterscheidet, daß sie „nachahmend" seien.
Selbstverständlich könne Das, was sie nachahmen, ihr Vorbild,
nur die Natur sein, meint man. Aristoteles spricht aber nirgends
von Naturnachahmung, seine fiifirjaig ist vielmehr auf etwas
ganz Anderes, ja eigentlich Entgegengesetztes gerichtet als auf

(Fortsetzung.) Motto: Der Schein, was ist er, wenn das Wesen fehlt?

Das Wesen, war' es, wenn es nicht erschiene?

(Goethe.)

die Wirklichkeit. Denn auch „der größte Theil der Instrumental-
Musik"— sagt er im Anfang seiner Poetik — sei „nachahmend".
WaS aber könnte in der Natur hiefür das Vorbild sein? Die
Antwort von Gervinus, „es sei der Gesang", ist — abgesehen
davon, daß Gesang, musikalisch genommen, keine bloße Natur-
wirklichkeit hat, sondern selber schon Kunst ist*) — weiter nichts
als ein geistreiches Paradox und am allerwenigsten der Ansicht
des Aristoteles entsprechend.

Was ist also das Vorbild der Kunst nach Aristote-
les? Diese Frage hängt mit einer andern ebenso bedeutsamen

*) Er setzt daher freilich hinzu, daß der Gesang ebenfalls „Nachahmung"
sei, nämlich — des Tons, womit wir denn freilich aus dem Paradoxalen
in's Sophistische hineingerathen. Denn „Ton" ist hier entweder als Natur-
laut oder als inusikalischer genommen. Daß der Naturlaut nachgeahmt werde,
ist eine Behauptung, die denn doch selbst für Gervinus zu gewagt sein dürfte.
Wenn „Ton" aber als musikalischer Ton gefaßt wird, so existirt solcher doch
entweder nur als gesungener oder gespielter; womit sich jene geistreiche Wen-
dung in Nichts auflöst.
 
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