Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 15.1870

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13588#0401

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Den Unterschied, welchen Herr Bohnstedt zwischen „Backstein-
bau" und „Thonverblendbau" macht, ist nur ein scheinbarer. Wir
haben, da es sich für uns hier nur um ein ästhetisches Princip han-
delt, weder die Absicht noch den Beruf, in technische Details einzu-
gehen, verstehen vielleicht auch nach der Ansicht der Herrn Architekten
zu wenig davon, um uns mit einem Fachmann darüber in Streit
einzulassen: so viel aber glauben wir davon doch zu verstehen, um
die Behauptung aufzustellen, einmal, daß der Ziegel aus Gründen
seiner materiellen Qualitäten, wozu wir auch die Farbe rechnen, in
einer andern Beziehung zum Gesetz der Konstruction steht und eine
andere Basis der Ornamentation verlangt, als der Haustein; sodann,
daß in diesen ursprünglich allerdings materiellen, weiterhin aber zu
ideellen Konsequenzen führenden Unterschieden gerade die Eigenartig-
keit, der besondere Charakter und folglich auch die besondere Schön-
heit der architektonischen Formation beider Bauweisen liegt.

Die wahre Lösung der Frage liegt unserer Ansicht nach auf
einer ganz andern Seite, als wo sie von Herrn Bohnstedt ver-
sucht wird, nämlich im korrekten Begriff des Surrogats. Herr
Bohnstedt betrachtet den Ziegel und die größeren Terrakotta-Form-
stücke als Surrogate für den Haustein. Das Erstere ist unrichtig,
das zweite zum Theil richtig. „Surrogat" allerdings ist in der
That nur Nothbehelf; aber es kommt auf die genauere Bestimmung
desselben an. So z. B. ist nicht das Aquarell Surrogat des
Oelgcmäldes, wohl aber der sogenannte „Oelfarbendruck"; so ist
nicht Bronze Surrogat für Marmor, wohl aber der sogenannte
„Stuckmarmor", so ist nicht der Ziegel Surrogat für Haustein,
wohl aber der sogenannte „Kunststein". Das Surrogat, d. h. der
künstliche Nothbehelf, hat sich selbstverständlich den Stylformen des
Originalmaterials, welches es ersetzt, genau zu akkommodiren. Daß es
dies vermag — und die Anwendung solchen surrogativeu Materials
geschieht stets aus Gründen der Billigkeit, leichteren Bearbeitung rc.
— ist sein einziges wahrhaftes Verdienst; aber dies Verdienst wird
in den meisten Fällen dadurch problematisch, daß die praktischen Vor-
thcile andrerseits mit qualitativen Nachthcilen verbunden sind: z. B.
niit geringerer Haltbarkeit, minderer Tragkraft u. s. f. Auf dieser,
gegen das Originalmaterial gehalten, schlechteren Qualität beruht
die Misere der hauptsächlich sich der Surrogate bedienenden modernen
Scheinarchitcktur und Lügenornameutik. Aber selbst wo — wie beim
Kunst stein und künstlichen Sandstein — das Originalmaterial so
ziemlich, auch hinsichtlich der Qualität, ersetzt wird, kann doch nie
davon die Rede sein, daß solch' Surrogat einen neuen Styl begründe;
oder wo es dies in der That vermag, wie beim Eisen- und Glas-
Bau, hört es eben auf Surrogat zu sein und schasst sich als Ori-
ginal-Material dann seine eignen Formen.s

Nicht alle Surrogate sind nothwendig von schlechter Qualität,
ja cs giebt deren, welche unter Umständen selbst größere Haltbarkeit
und Tragfähigkeit besitzen, als das Original-Material, welches sie
ersetzen; nichts destoweniger haben sie — da sie einmal Ersatzmittel
sind — denjenigen formalen Bedingungen künstlich zu genügen, deren
Erfüllung in der Natur des Original-Materials begründet ist.
Eins der vorzüglichsten Surrogate ist der sogenannte Kunststein
(Cementguß.) Was man mit demselben als Ersatzniittel des Sand-
steins zu leisten vermag, beweist unter Anderem das erst kürzlich
nach dem Plan des Architekten Titz auf dem Dreifaltigkeitskirchhofe
von dem Kunststeinfabrikantcn Cz arnikow hergestcllte „Mausoleum
der Familie Gohl". Es ist in einem edlen antiken Styl gehalten
und macht durchaus den Eindruck eines aus mächtigen Quadern
errichteten Saudsteinbaucs. Aehnlich wie bei dem aus wirklichem
Sandstein errichteten Börseubau besteht der innere Kern aus Mauer-
werk, das mittelst der Quadern verblendet ist. Architrave, Balken,
Pilaster und Säulen sind in ganzen Werkstücken gegossen und be-

thätigen die außerordentliche Tragfähigkeit des Materials. Das ganze
Bauwerk, welches auch in dekorativer Beziehung einen sehr harmo-
nischen und gediegenen Eindruck macht, ist ohne irgend eine Spur
von Holz ausgeführt, die Dachkonstruction in Verbindung mit dem
Gewölbe ist gleichfalls von Stein und, wie die Dachpfannen, in
belgischer Methode gefertigt. Hier erfüllt also der Kunststein voll-
ständig seine Aufgabe, den Sandstein zu ersetzen. Nehmen wir nun
den Fall an, das ganze Bauwerk hätte als Ziegelbau, etwa in
gothischcm Styl, konstruirt werden sollen und man hätte aus irgend
welchem Grunde es für zweckmäßig gehalten, gewisse Formstücke aus
Terrakotta oder gebranntem Thon herzustellen — denn Kunststein
wäre in solchem Falle schon der Farbe wegen als Surrogat nicht
geeignet gewesen — so hätte sich nothwendigerweise die Forderung
ergeben, diese Stücke hinsichtlich der Formen innerhalb derjenigen
Grenzen zu halten, welche durch die Natur des Original-Materials,
d. h. des Ziegels, bedingt waren. — Wie wir hören, will der Dom-
baumeister in Köln bei den großen Kreuzblumen der Westthürme der
größeren Tragfähigkeit wegen — denn die Ausladungen der die Kreuz-
blumen bildenden Blätter betragen, wenn wir nicht irren, in ihren
weitesten Abständen über 12 Fuß — statt des Steins Eisen, wahr-
scheinlich Hohlguß, anwendcn: obgleich nun das Eisen unvergleichlich
dauerhafter und tragfähiger, also besser als das Original-Material,
der Sandstein, ist, so wird er doch in der Formation sich durchaus
auf den Eindruck des letzteren beschränken müssen. Wir urtheilen
hier gar nicht darüber, ob solcher Ersatz des Steins durch Eisen in
diesem Falle gerechtfertigt sei — denn, wo man selbst bis zu Cement-
Verschmierungcn angefressener Steine gegriffen hat, scheint solche Frage
kaum noch am Orte: sondern wir wollen nichts als die Nothwendig-
keit der Konsequenzen darthun, die mit der Anwendung von Surro-
gaten verknüpft sind.

Es ist also bei allem Material zu fragen, ob es Surrogat
sein solle oder nicht. Hier^nn nfip’rn fcmint hfp fprrrpr

formalen Gestaltung ab, E
Original-Material eine s =" n
in dem, daß es dieselbe fE- ~ ~

große Formstücke aus geE-^
schlechteren Surrogaten i E_r
betrifft, so handelt es sick =_
welches Original - Materi E £
haben sich dieselben, z. JE
geforderten Formen anzu E" 0
die größten Formstücke aiE-^
ornamentalen Gesetzen, l^-
gehorchen. Entschieden a =_g>

Grund einer angeblichen E_
die durchaus nicht stattf E m
konstruirt und dann a j E
aufgezwungen werden im =~
größerer Berechtigung kö E-^
aufstellen, daß sich das E.

Qualität des Material EE m
schieden entwickelt habe. EE

Wir bemerkten oben, S"

„der Backstein und die T EE
„nicht mit dem Rechte, zr EE-
„Gesetze vorzuschreiben", E_?
richtiges enthalten. Aus =_
sein. Der Backstein nän = „
als Verblendstein betracht«
er ist als Original-Mw E
Gestaltung, und zwar folE-^

fm

03

-C

O

c

o

O

0

0

ob

D

O

o

o
 
Annotationen