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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 15.1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.13588#0344

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328

in dieser Beziehung Vautier einen Mißgriff, wie beispielsweise seine
„Tanzstunde" einen solchen offenbarte; fast immer greift er in's volle
Leben hinein und aus demselben solche Momente heraus, die schon
in ihrem ideellen Motiv eine unmittelbare Anziehungskraft ansüben.
Was aber die Feinheit und Schärfe seiner Charakteristik betrifft, so
steht er mit Knaus auf gleicher Linie, und wenn er auch — da er
sich meist auf einfache Motive beschränkt — nicht die Vielseitigkeit in
der Schilderung der Charaktertypen offenbart, wie jener, so entschädigt
er dafür durch das liebevolle Eingehen in die kleinen Naturzüge und
-Bezüge, welche seinen Gestalten und Physiognomien den Stempel
einer hohen poetischen Wahrheit aufdrücken. Das genannte Bild ist
ein Meisterwerk dieser Art von außerordentlicher Schönheit. Es ist
in einem ländlichen Wirthshause, den Kostümen nach zu nrthcilen in
Oberbaiern, zwischen zwei Bauernburscheu einer jener oft blutigen
Kämpfe ausgebrochen, die zuweilen mit bleibendem Siechthum, ja
mit dem Tode des einen oder auch wohl beider Gegner enden. Sie
sind getrennt worden, denn der Dorfpolizist ist eingetreten, entweder
von dem Spektakel herbeigezogen oder zur Hülfe herbeigeholt. Wäh-
rend der Eine im Hintergründe von einigen Freunden, die ihn zu
beruhigen suchen, gehalten wird, sitzt der Andere ganz im Vorder-
gründe am Tische, bleich vor verbissener Wuth, die krampfhaft geballte
Faust auf die Tischplatte gedrückt, mit gesenktem Kopf und starren
Blicken da, unbekümmert um den Zuspruch seiner Mutter, die hinter
ihm stehend die Hand beschwichtigend auf seine Schulter legt. Zer-
schlagene Gläser und Krüge am Boden, sowie einige ängstlich sich
zur Seite drückende Mädchen vervollständigen das Bild des unter-
brochenen Kampfes in drastischer Weise. Der dicke Wirth deutet, zu
dem eingetretenen Vertreter der öffentlichen Sicherheit gewendet, über
den Tisch fort auf den Sitzenden, um ihn als den eigentlichen Un-
ruhstifter zu bezeichnen. Das Lebensbild ist bis in die feinsten Züge
hinein mit einer Sorgfalt und einem Verständniß durchgeführt, daß
man sich an dieser Naturschilderung nicht satt sehen kann. Dabei
ist es vortrefflich gemalt. Wir erwähnten schon oben, daß es die
früheren Werke Bautier's an Kraft und Klarheit des Kolorits be-
deutend hinter sich zurllckläßt. In der That konnte man früher dem
Künstler mit Recht den Vorwurf machen, daß seine Farbe etwas
Todtes und Unplastisches habe; von diesen Mängeln ist hier nichts
zu spüren. Zwar ist es keineswegs im specifischen Sinne des Worts

koloristisch behandelt, sondern zeigt einen feinen grauen Grundton,
aber einmal besitzt dieser Grundton eine außerordentliche Harmonie,
sodann eine Durchsichtigkeit und Klarheit der lokalisirten Töne, daß
es auch nach dieser Seite hin den Stempel der Meisterschaft in hohem
Grade offenbart. — Ein zweites Bild „List für List" von demselben
Künstler werden wir später erwähnen.

Ein sehr anziehendes und im Motiv sehr glückliches Gemälde
ist das „Polichinell-Theater auf einem schwäbischen Jahrmarkt" von
Lasch. Dem oberflächlichen Blick scheint sich hier nur eine jener
naiven Scenen darzustellen, wie man sie auf dem Lande und in kleinen
Städten oft genug antrifft; und doch hat das Motiv einen sehr
ernsten, ja fast tragisch anmuthenden Sinn, der ihm eine entschieden
tiefere Bedeutung verleiht. Während nämlich auf der einen Seite
(vor der Polichinell-Bühne) eine fröhliche Menge junger und alter
Kinder sich an den burlesken Faxen des Hanswurst-Hampelmanns
ergötzt, erblickt durch einen Schlitz in der Lcinwanddecke des Theater-
kastens der Beschauer das abgezehrte Gesicht des Mannes, der als
Direktor und Regisseur in einer Person die lustigen „Puppen tanzen
läßt". Aber nicht genug; während der Mann da drinnen in dem
Kasten „arbeitet" und die jugendlichen Zuschauer mit offenen Mäulern
und lachenden Mienen die wunderbaren Evolutionen der gelenkigen
kleinen Akteure bewundern, tritt (>o revers de la medaille) aus der
Rückwand, also verborgen vor dem Publikum, aber nicht vor dem
Beschauer des Bildes, die ärnilich gekleidete Frau des Direktors
heraus, um das Geschrei ihres von einem jungen Mädchen gehaltenen
Kindes zu beschwichtigen. Höchst charakteristisch hält sie dabei noch
einen eben in Action gewesenen Hampelmann in der einen Hand,
während sie ihre Mutterpflichten zu erfüllen eilt. Ein Stück von
einem alten Planwagen und andere ärmliche Utensilien des armseligen
Bagabundenlebens vervollständigen den mit großer, wie uns dünkt,
etwas zu großer Diskretion zur Darstellung gebrachten Kontrast
zwischen den beiden Seiten des tragikomischen Daseins. Die Durch-
führung, sowohl in Hinsicht der Charakteristik der Figuren wie in
technischer Beziehung, verdient alle Anerkennung. Vielleicht hätte nur
der Künstler wohlgethan, den im Hinblick auf den Ernst der Si-
tuation allzufreundlichen Stimmungston etwas zu mäßigen; wahr-
scheinlich würde dadurch das Gemälde nach der Seite seiner ideellen
Wirkung hin nicht unwesentlich gewonnen haben. (Forts, folgt.)

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