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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 15.1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.13588#0375

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archiv zur Benutzung eingeräumt worden. Das früher zu einem
Gefängniß verwendete Gebäude enthält eine Menge der herrlichsten
Säle, in denen nun die Schätze des Archivs untergebracht werden.
Bis auf Kleinigkeiten ist die Restauration vollendet. Bei den Arbeiten
machte man höchst interessante Entdeckungen nicht nur an Wandge-
mälden und Inschriften, sondern auf der Südseite auch an prachtvoll
gegliederten gothischen Fenstern, von deren Dasein man bei ihrer
vollständigen Vermauerung keine Ahnung gehabt hatte. Die berühmte
Kapelle und der Rittersaal des Schlosses, welche ganz im alten Styl
hergestellt werden sollen, werden in nächster Zeit unter der Leitung
des Architekten Schäfer aus Kassel in Angriff genommen.

Wien. In diesem Augenblick werden zur Ausführung folgen-
der Denkmäler hier Vorbereitungen getroffen: zum „Schiller-Denk-
mal", an dem sich mehrere österreichische Künstler betheiligen werden;
zu dem „Maximilians-Monument" für Triest, das Melnitzky
modellirt, und zu einem zweiten „Denkmal für den Erzherzog Max",
für Pola. Ferner sind in der Ausführung begriffen: das Kundt-
mann'sche „Schubert-Monument", gewidmet vom Mannergesang-
verein, das „Zelinka-Monunient", das „Denkmal zur Erinnerung
an die Vereinigung Tyrols mit Oesterreich", für den Margarethen-
Platz in Innsbruck bestimmt, entworfen von Fr. Schmidt, der
figurale Thcil modellirt vom Bildhauer Grie sie mann. Dagegen
sind die Vorarbeiten für das „Mozart- und Haydn-Monument" so-
wie für das „Kaiser Josephs-Denkmal" für Brünn in's Stocken
gcrathcn.

Pesth. Der Ankauf der Esterhazy -Gallerie ist von der un-
garischen Regierung beschlossen werden. Der Ankaufspreis wird in
das Budget eingestellt.

Grenoble. Ucbcr einen wunderlichen Beschluß der hiesigen
städtischen Behörde berichtet der „Courrier de l'Jsore" folgender-
maaßen: „Wir richten die Aufmerksamkeit unserer Leser ganz beson-
ders auf die Sitzung des Municipalrathes von Grenoble, in welcher
über das Reiterdenkmal des ersten Napoleon diskutirt wurde.
Die wunderliche Idee, die zum Beschluß erhoben wurde, verdient
Jedermann bekannt zu werden und auf die Nachwelt übcrzugehen.
Die Statue ist in zwei Theile getheilt worden, die Municipalität
behält das Pferd, und von Stund ab wird der Reiter zerstört oder
der Disposition des Herrn Präfekten überlassen werden. Wie man
sicht, ist dieser Entschluß durch das Urlheil Salomon's eingegeben
worden, aber wir bezweifeln, daß er dem Municipalrath von Gre-
noble einen dem des Königs von Israel ähnlichen Ruf einbringen
werde. Sobald wir erfahren, was die Municipalität mit dem Roß
des ersten Napoleon zu thun gedenkt, werden wir nicht ermangeln,
es unfern Lesern mitzutheilcn." — Das reiterlose Roß soll vielleicht
zunächst als Sinnbild des gegenwärtigen Frankreich stehen bleiben,
während der Präfekt muthmaßlich als kluger Manu den Kaiser in
den Winkel stellt, um ihn zu gelegener Zeit unter dem dann sicher
nicht fehlenden Jnbelrufe der Einwohner von Grenoble wieder zu
Pferde zu bringen.

Versailles. Vor einigen Tagen widmete Se. Majestät der
König wiederum längere Zeit einer Besichtigung verschiedener Abthei-
lungen des National-Museums im Schlosse von Versailles. Der
erste Besuch galt dem großen Schlachtensaale (Gallerie des Ba-
tailles), der die ganze Front des östlichen Seitenflügels einnimmt.
Es befanden sich hier ehemals die Zimmer des Herzogs von Orleans,
Bruders Ludwigs XIV. König Ludwig Philipp ließ im Jahre 1836
die sämmtlichen Räumlichkeiten zu einem Saal von beinahe 360 Fuß
Länge bei 40 Fuß Tiefe vereinigen und durch die bewährtesten Meister
der Malerei und Skulptur in eine historische National-Gallerie ver-
wandeln. Die Wandflächcn, deren Dimensionen um so koloffaler

sind, als man die Fensteröffnungen beseitigte und durch Oberlicht
ersetzte, werden zum größten Theil von umfangreichen Gemälden,
welche die Kriegsgeschichte Frankreichs von der frühesten Zeit an bis
auf Napoleon I. illnstriren sollen, eingenommen. Künstler ersten
Ranges, wie Ary Scheffer, Eugüne Delacroix, Horace
Vernet, Larivisre, Gorard, de Coudres und Philippo-
tcaux waren bei der Ausführung thätig. Die Sammlung beginnt
mit der „Schlacht von Zülpich" und endet mit „Friedland" und
„Wagram". Die Pfeiler sind mit den in Goldbuchstaben verzeich-
neten Namen französischer Kriegsführer geschmückt; einige achtzig
Büsten von Mitgliedern der Häuser Capet, Valois, Bourbon und
Orleans, sowie von französischen Feldherren sind in angemeffener
Ordnung zwischen den Gemälden vertheilt. — Von dieser Gallerie,
welche augenblicklich als Magazin zur Aufbewahrung von Utensilien
für die Lagerstätten verwundeter deutscher und französischer Krieger
benutzt wird, begaben Seine Majestät Sich in eine andere Abtheilung
des Museums, welche die Portraits der Familie Orleans enthält,
und verweilten auch hier längere Zeit.

Antwerpen. Die hiesige Akademie hatte zwei Ehrenmitglieder,
Overbeck und Baron Leys, durch den Tod verloren. An ihre
Stelle wurden Landseer und Dyckmans gewählt. Landsecr
bildet schon einen starken Gegensatz seines Vorgängers Overbeck,
aber noch weit stärker ist der Kontrast des durchgebildeten und kraft-
vollen Leys mit dem flachen und schwächlich sentimentalen Dyckmans.

London. Der Katalog von Georg Cruikshank's Arbeiten ist
der Vollendung nahe. Der Künstler hat ihn mit vielen Original-
Radirungen, sowie mit Holzschnitten und Facsimile's geschmückt. Er
enthält die Beschreibung von Tausenden von Radirungen, Stein-
drucken, Holzschnitten und die Liste aller der Werke, welche Cruikshank
illustrirt hat. G. W. Reid vom britischen Museum hat die Zu-
sammenstellung besorgt.

— — Dem Lordmayor ist ein großes Gemälde des Brüs-
seler Rathhauses, von Stroobant, als Geschenk des Königs Leo-
pold von Belgien für die Altstadt, zugegangen. Im vorigen Jahre
hatte derselbe Monarch dem damaligen Lordmayor ein Bild des alten
Schlosses in Lüttich geschickt.

Brighton. Hier starb, ncununddreißig Jahre alt, Remy
Mignot, ein geborener Franzose, der fast immer in London oder
New-Aork lebte. Bekannt machte er sich durch tropische Landschaften
die mit großem technischen Geschick gemalt, wenn auch etwas ma-
nierirt waren. Zuweilen gab er auch die Natur unserer Breiten
wieder und erntete mit seinem letzten ausgestellten Bilde: „Sonnen-
untergang bei Hastings" allgemeinen Beifall.

Liverpool. Eine Statue der Königin Viktoria zu Pferd,
von Thornycroff, ist vor der St. Georgshalle hicselbst aufge-
stellt worden. Das „Athenäum" deutet auf einen merkwürdigen
Grund, weshalb dieses Werk ausgeführt worden sei. Zu den selt-
samen Kunstansichten der Engländer gehört auch die, daß man Kunst-
werke, seien es Gemälde oder Bildwerke, immer paarweise anbringen
muß. Vor der Liverpooler Georgshalle stand eine Reiterstat^ des
Prinzen Albert und die durfte man nicht allein lassen. Wie die
neue Statue ausgefallen sei, läßt die englische ^Zeitschrift unerwähnt.

Brasilien. Ein großes Altarbild, „Rubens" Kreuzabnahme"
darstellend, in prächtigem Goldrahmcn ist von der verwittweten Kö-
nigin Elisabeth von Preußen der evangelischen Gemeinde der deutschen
Kolonie Jtajahy (Brusgues, am Flusse gleichen Namens in der Pro-
vinz Santa Katharina Südbrasiliens, 4 Meilen von der bekannten
Kolonie Blumenau gelegen) zum Geschenk gemacht worden. Die
Gemeinde hatte mit eigenen Mitteln den Kirchbau begonnen und mit
Unterstützung der brasilianischen Regierung glücklich zu Ende geführt.
 
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