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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Diez, Hermann: Zwischenakts-Gedanken im Münchner Künstler-Theater
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0080

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Parvenu-Qeschmack unserer Zeit als Ideal einer
Inszenierung dargeboten und aufgeschwatjt
worden ist.

Man kann dieses Nichtmerken sowohl als
ein gutes wie als ein schlechtes Zeichen ansehen,
als ein gutes, weil es beweist, dag sich tatsäch-
lich auch mit den einfachsten und billigsten
Mitteln große und starke szenische Wirkungen
erzielen lassen, als ein schlechtes, weil es den
Verdacht erweckt, als ob der Grundgedanke
vielleicht doch nicht mit der nötigen Klarheit
und Konsequenz herausgearbeitet wäre. Und das
ist denn auch beides der Fall; Fritj Erler hat
einige Bühnenbilder von so erstaunlicher Ein-
fachheit und dabei so schlichter Größe geschaffen,
dag man sie ohne weiteres als dauernden Ge-
winn buchen darf und als vorbildlich für jede

künftige Inszenierung des Faust, aber es scheint
als ob sein künstlerisches Interesse nicht allen
Szenen gleich stark und gleich erfolgreich sich
zugewandt hätte ; so zeigt z. B. die Hexenküche
einen relativ starken und im Vergleich mit den
sonstigen Szenen wirklich unverhältnismägigen
Aufwand an Ausstattung alten Genres, und auch
die Szene im Dom, die ohne ersichtlichen Grund
als nächtlicher Trauergottesdienst aufgeputjt
worden ist, möchten wir nicht als eine glückliche
Lösung des Problems ansprechen, obschon auf
einige ganz blöde Theatermärjchen, wie die
sprechende Bildsäule, natürlich verzichtet worden
ist. Wenig gelungen sind auch die Neuerungen
in der Kostümierung, wobei wir aber die Erz-
engel des Vorspiels ausdrücklich von diesem
Urteil ausnehmen möchten; die mächtigen ehernen

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