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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Pabst, Arthur: Voraussetzungen und Grundlagen der gewerblich-technischen Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0245

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Grundlagen der gewerblich-technischen Erziehung.

ANNIE FRENCH-GLASGOW.

Federzeichnung: »A prehistoric scouting party«.

anhaften. Die alten Erziehungsmethoden versagen
eben unter den heutigen Verhältnissen, und neue
Methoden und Einrichtungen sind nicht geschaffen
worden, wenigstens nicht in dem Maße, als es
die gänzlich veränderten Verhältnisse erfordern.
Die Schwierigkeiten, die dadurch erwachsen, hat
schon der berühmte Organisator des gewerblichen
Erziehungswesens in Österreich, Baron von Dum-
reicher, klar erkannt und in seiner Schrift „Über
die Aufgaben der Unterrichtspolitik im In-
dustriestaate Österreich" mit folgenden
Worten scharf hervorgehoben: „Niemals sind die
Staatsmänner den Aufgaben der Unterrichtspolitik
mit geringerer Sicherheit des Urteils gegenüber
gestanden als heute. Sie haben fast durchweg mit
dem Bedürfnis grofjer Massen zu rechnen, und
Bedürfnisse wie Massen kennen keinen Entwick-
lungsstillstand; jene vermannigfachen und ver-
ändern sich rascher als jemals, diese fluktuieren
so ungehemmt in einander wie noch nie. Denn
die Demokratisierung der Gesellschaft, die freie
Berufswahl, die Zugänglichkeit der Bildungsmittel,

die Entfaltung aller Zweige des öffentlichen Dien-
stes, die Umwälzung im Verkehrswesen, die Wand-
lungen der industriellen Produktion haben eine un-
berechenbare Bevölkerungsbewegung im Gefolge,
wie frühere Zeiten mit ihren festen sozialen und
beruflichen Gliederungen sie nicht ahnen konnten.
Glich die Entwicklung ehemals einem Strome,
mit dessen Bahn, Wassermenge und Zuflüssen man
vertraut war, so erscheint sie heute als unabseh-
bares Gewoge, dessen auf- und abwärtssteigende
und hin- und hertreibende Wellen nicht immer
erkennen lassen, was an diesem ruhelosen Wechsel
dem Gefälle, den Winden oder aus der Tiefe
aufsteigenden Quellen zuzuschreiben sein mag.
Kann es da wohl dem Staatspädagogen
gerade auf dem erscheinungsreichsten
Gebiete der ganzen Unterrichtspolitik:
auf dem Gebiete des gewerblichen Bil-
dungswesens gelingen, die allgemeinen
wie örtlichen Verhältnisse stets zu über-
schauen und jede Wirkung seiner Maß-
nahme vorherzusehen?"

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