Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

DOI Artikel:
Geron, Heinrich: Vom Wesen des Gesellschaftsraums: Harmonie und Intimität
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0110

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vom Wesen des Gesellschaftsraums.

EDUARD
PFEIFFER
»LATERNE
DER HAUPT-
TREPPE«

sieht, liegt der Schatz in Trümmern. Teppiche
geben Wärme und Weichheit an die Atmosphäre
ab, aber da, wo es ein Tänzchen gelten kann,
nimmt man besser ganz große, oder kleine, die
man wegnehmen kann, damit kein Straucheln
der Freude an Shimmy und Foxtrott Einhalt
tut. Eine Uhr hat man besser nicht im Gesell-
schaftsraum: Gäste, die sich bei Dir zu Hause
fühlen sollen, werden besser nicht ständig an
die Zeit gemahnt, und Leute, die nicht fortzu-
gehen wissen, lädt man sich nicht ein. Und
man vergesse die Poesie nicht! Auch wenn die
Dampfheizung jedem Bedürfnis an Wärme ge-
nügt, eine Kaminecke trägt viel zur Raumstim-
mung bei, nirgends plaudert es sich besser und
traulicher als am offenen Feuerplatz.

Es wird heutzutage so viel — und eigentlich
unnötigerweise — vom feinen Wesen gespro-

chen. Fein muß der gesellige Mensch, fein die
Gesellschaft, fein der Gesellschaftsraum sein.
Und fein ist hier immer gleich unbefangen, heißt
stets so viel wie selbstverständlich-vornehm,
meint genau ein Äußerstes an Natürlichkeit und
Direktheit. Fein ist das, was sich nicht auffällig
bemerkbar macht, also auch im Gesellschafts-
raum. So wird der feinste Gesellschaftsraum
dann der sein, der die Atmosphäre des Gast-
gebers am bestimmtesten und verschwiegen-
sten hat, der, in dem sich der Gast wohlfühlt,
ohne zu wissen warum. Denn man geht ja nicht
zu einem Gesellschaftszimmer zu Gast, sondern
man besucht Menschen in diesem Zimmer, und
zwar nicht, um mit ihnen über den Raum zu
meditieren, sondern um sich mit ihnen darin
in der ihnen eigenen, harmonisch zugehörigen
Umgebung zu freuen.......Heinrich geron.
 
Annotationen