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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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W.: Heinrich Nauens neue Bilder
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Schwabacher, Sascha: Zur Psychologie des Strassen-Bildes
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0240

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HEINRICH NAUEN DUSSEI.1).

UNG FÜR JUNGE KUNST DÜSSELDORF.

»BLICK AUF MAINAU« 1924.

ZUR PSYCHOLOGIE DES STRASSEN-BILDES.

Von 1900 bis 1914 nahm die Entwicklung
des städtischen Lebens einen stürmischen
Verlauf. Das Auto eroberte damals die Straße,
gab dem Verkehr das vehemente Tempo, die
gefährliche Erregung, die wir uns heute nicht
mehr wegdenken können. Dazu schössen die
großenWarenhäuser wie Pilze aus der Erde. Neu-
bauten und Straßendurchbrüche überstürzten
sich. Das Bedürfnis und die Spekulation weckte
stille Wohnviertel zu toller Betriebsamkeit.
Straßenbilder verwandelten sich in kürzester
Zeit vom kleinstädtisch gemütlichen Idyll zu
Tummelplätzen großstädtischer Vergnügungs-
sucht mit Kino, Kabarett und Tanzpalästen in al-
lenPrächtenmarktschreierischer Eleganz. Weder
geschäftliche, noch moralische Katastrophen
schienen den neuen Antrieb lähmen zu können.

Bei Beginn des Krieges stand plötzlich alles
still. Das ganze Interesse war dem Schauplatz
zugewandt, der Glück und Elend unseres Staa-

tes entschied. Die Straßen und Schauläden,
das städtische Leben, waren erfüllt von den
Zeichen des kriegerischen Apparates, der keine
Zeit und keinen Raum für das Überflüssige und
nur durch Anreiz Durchzusetzende ließ. Bis
1918 war der Handelsverkehr auf den Konsum
der Vorräte gestellt; die angesammelten Be-
stände vermochten dem Waren- und Nahrungs-
hunger kaum Genüge zu tun, und der kaufmän-
nisch« Betrieb, der sich immer und ewig und
ganz instinktiv aufs Zweckmäßige stellt, konnte
die Reklame entbehren, die rasch in einen Dorn-
röschenschlaf verfiel, aus dem sie erst neues
Absatz- und Luxusbedürfnis wecken konnte.

Heute aber folgt Krise hinter Krise auf die
Scheinblüte der Inflation. Aber noch ist von
dem Wandel der Dinge wenig auf der Straße
zu spuren. Man hat wohl in den letzten Jahren
die Reklametrommel etwas heftiger als in den
Kriegsjahren gerührt. Die Hauptzüge des Stra-
 
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