AUSSTELLUNG DER KÜNSTLER-VEREINIGUNG DRESDEN.
Wer Gelegenheit hatte die diesjährigen Som-
merausstellungen in Deutschland zu durch-
wandern, wird sich des Eindrucks einer be-
denklichen Spaltung innerhalb des deutschen
Schaffens nicht haben erwehren können. Und
zwar einer Spaltung nicht nur der Richtungen,
— die ja allem Kunstleben eher förderlich, näm-
lich Spannungen schaffend, sein kann. Sondern
jener Spannung innerhalb des Niveaus des Ge-
botenen, die eine unter dem Durchschnitt lie-
gende Massenproduktion auf der einen Seite,
und eine exklusiv moderne, fast immer auf
Qualität bedachte Spitzenproduktion auf der
andern Seite recht kontrastreich gegenüber-
stellte. Diesen Kontrast trieben zwei Ausstel-
lungen auf die Spitze: Die „Große Berliner
Kunstausstellung" am Lehrter Bahnhof und die
Dresdner Ausstellung auf der „Brühischen Ter-
rasse", die jene beiden Pole derzeitigen Schaf-
fens unter einem Dache vereinigten. Da ganz
besonders spürte man den Mangel einer kräf-
tigen, qualitätshaltigen Mitte, und man nahm
gerne seine Zuflucht zu den großen Sonder-
ausstellungen über-momentanen Gepräges, wie
der Münchner Ausstellung: „50 Jahre deut-
scher Malerei" und der Stuttgarter Ausstel-
lung: „Neue deutsche Kunst", die beide in
strenger Auswahl eine breite Schau wertvollen
Schaffens darboten.
Warum konstituiert sich nicht auch im aktu-
ellen Schaffen eine solche qualitätssichere Mitte?
Die Gründe hierfür liegen zu tief im deutschen
Charakter verwurzelt, als daß sie im Rahmen
eines kurzen Ausstellungsberichtes könnten auf-
gedeckt werden. Nur die Wichtigkeit einer sol-
chen traditionssicher vorwärtstragenden Kern-
truppe kann hier betont werden: die Sammlung
für alle radikaleren Vorstöße, die sie zu bieten
vermag, einerseits, — die Befruchtung mit ge-
sundem zeitgemäßem Können, die sie natur-
notwendig ausstrahlt, andererseits. Solchen
Kern der deutschen Kunst spürt man derzeit
XS.VIII. Dezember 1924. 1
Wer Gelegenheit hatte die diesjährigen Som-
merausstellungen in Deutschland zu durch-
wandern, wird sich des Eindrucks einer be-
denklichen Spaltung innerhalb des deutschen
Schaffens nicht haben erwehren können. Und
zwar einer Spaltung nicht nur der Richtungen,
— die ja allem Kunstleben eher förderlich, näm-
lich Spannungen schaffend, sein kann. Sondern
jener Spannung innerhalb des Niveaus des Ge-
botenen, die eine unter dem Durchschnitt lie-
gende Massenproduktion auf der einen Seite,
und eine exklusiv moderne, fast immer auf
Qualität bedachte Spitzenproduktion auf der
andern Seite recht kontrastreich gegenüber-
stellte. Diesen Kontrast trieben zwei Ausstel-
lungen auf die Spitze: Die „Große Berliner
Kunstausstellung" am Lehrter Bahnhof und die
Dresdner Ausstellung auf der „Brühischen Ter-
rasse", die jene beiden Pole derzeitigen Schaf-
fens unter einem Dache vereinigten. Da ganz
besonders spürte man den Mangel einer kräf-
tigen, qualitätshaltigen Mitte, und man nahm
gerne seine Zuflucht zu den großen Sonder-
ausstellungen über-momentanen Gepräges, wie
der Münchner Ausstellung: „50 Jahre deut-
scher Malerei" und der Stuttgarter Ausstel-
lung: „Neue deutsche Kunst", die beide in
strenger Auswahl eine breite Schau wertvollen
Schaffens darboten.
Warum konstituiert sich nicht auch im aktu-
ellen Schaffen eine solche qualitätssichere Mitte?
Die Gründe hierfür liegen zu tief im deutschen
Charakter verwurzelt, als daß sie im Rahmen
eines kurzen Ausstellungsberichtes könnten auf-
gedeckt werden. Nur die Wichtigkeit einer sol-
chen traditionssicher vorwärtstragenden Kern-
truppe kann hier betont werden: die Sammlung
für alle radikaleren Vorstöße, die sie zu bieten
vermag, einerseits, — die Befruchtung mit ge-
sundem zeitgemäßem Können, die sie natur-
notwendig ausstrahlt, andererseits. Solchen
Kern der deutschen Kunst spürt man derzeit
XS.VIII. Dezember 1924. 1