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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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O. L.: Die Werkbund-Ausstellung "Die Form": Stuttgart 1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0193

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PROFESSOR SCHM1TTHENNER »HIMMELBETT« LUDWIG KÖNIG »MAJOLIKA-OFEN« (CONTINENTAL PHOTO).

DIE WERKBUND-AUSSTELLUNG „DIE FORM".

STUTTGART 1924.

Hört man von dem Gedanken dieser Aus-
stellung (reine Form, kein Ornament), so
denkt man zunächst an den Feldzug, den vor
Jahren Adolf Loos in Wien gegen das Orna-
ment geführt hat, und zuckt wohl etwas die
Achseln. Denn jener Feldzug hat nicht zum
Siege geführt; die neue Ornamentfreude hat
sich durch ihn nicht hindern lassen, das ganze
Feld der kunstgewerblichen Tätigkeit zu über-
fluten. Durchwandert man aber dann die Aus-
stellung, so sieht man (nach manchem Zögern
und Stutzen vor halben, unentschlossenen,
mäßig geglückten Leistungen, daß hier doch der
Gedanke der ornamentfreien Form eine neue
Energie und vielleicht auch eine ganz neue Be-
deutung gewonnen hat. Als Adolf Loos mit
seinen puritanischen Ideen auftrat, war die-
jenige neue Gesinnung, die das Ornament hätte
ersetzen können, noch nicht klar vorhanden.
Sie hat sich inzwischen herausgebildet; sie liegt
kurz gesagt darin, daß das Technische in un-
geahntem Maße Gewalt über unsere Geister

und über unsren Geschmack gewonnen hat.
Das Streben nach Ornamentlosigkeit ist nun
nichts Negatives mehr. Der technische Geist
ist es, der die ornamentlose Form mit einem
neuen Inhalt erfüllt. Wir sehen die reichver-
zierten Kartaunen und Feldschlangen der Re-
naissance mit Vergnügen an, wir lassen es uns
gefallen, daß Mörser und Hobel und Sägen
und Hämmer mit Zierat aller Art bedeckt sind
— in Museen. Aber an Geschützrohren der
Gegenwart, an Maschinen und Werkzeugen
unsres Gebrauchs empfinden wir Zierat nicht
bloß als überflüssig, sondern als störend und
geschmacklos. Noch vor wenig Jahren suchte
eine Automobilfabrik ihren Erzeugnissen einen
besonderen Wert zu geben dadurch, daß sie
Aufbau und Karosserie „von Künstlerhand"
in eine künstlerische Linie bringen ließ. Heute
würden wir das nicht mehr ertragen. Wir dringen
bei technischen Formen auf äußerste technische
Klarheit, technische Eleganz und Zweckmäßig-
keit; das Hineinmischen von „Kunst" in diese

XXVIII. Dezember 1924. 7*
 
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