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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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Sörgel, Herman: Das Chilehaus in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0255

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ARCHITEKT FRITZ HOGER.

»DAS CHILEHAUS IN HAMBURG«

DAS CHILEHAUS IN HAMBURG.

Große politische Umwälzungen haben, auch
wenn sie zum großen Teil negativer Natur
sind, auf allen Gebieten starke Entwicklungen
im Gefolge. Und gerade in Zeiten vollkomme-
ner Umwertungen treten die Richtungswand-
lungen in besonders markanten Ausdrucks-
kräften in Erscheinung. Ein solcher Markstein
in der Entwicklung der Architektur ist das
Chilehaus in Hamburg, der größte Bau
Deutschlands, wie ja Deutschland überhaupt
den Hauptkampfplatz für alle neuen Strebungen
der Baukunst bildet.

Während im künstlerisch elastischeren Süd-
und Mitteldeutschland mehr die verschieden-
artigsten Probleme angepackt und interessante
Versuche gewagt wurden, zeigte der traditions-
feste Norden reifere Lösungen von vielleicht
einseitigerem aber zielsicherem Charakter. In
Hamburg kam seit vielen Jahren die historische
Backsteinbautechnik wieder zu ihrem vollen
Recht. Neben den vorbildlichen Musterbauten
Fritz Schumachers für staatliche und kom-
munale Zwecke entfaltete sich eine zweite

Hauptentwicklung des Backsteinrohbaues von
Geschäfts- und Bürohäusern, deren vorzüglich-
ster Vertreter der Architekt Fritz Höger
wurde. Beim ersten großen Geschäftshaus-
bau, dem Klostertorhof, hat Höger noch vie-
les in Eisenbeton, mit Klinkerterrakotten als
Fournier auf dem Betongerippe hergestellt,
beim Monumentalbau der Hamburg-Amerika-
Linie, der irrtumlich oft G. v. Seidl zugeschrie-
ben wird, ist Haustein verwendet, erst beim
Klöpperhaus und dem Rob. M. Sloman jr.-Bau
setzt sich der Backstein siegreich durch. Damit
ging Hand in Hand eine Befreiung vom Doppel-
rhythmus der Fronten, von der Großachsigkeit
ihrer Teile und von der oft zu weitgehenden
Detaillierung der architektonischen Ausbildung.
Es trat an ihre Stelle eine zielsichere Gliede-
rung und Gruppierung der Massen durch ein
engachsiges Fassadenmotiv, das beim Chilehaus
bis ins Gigantische gesteigert wurde. Das führt
uns unmittelbar in die Geheimnisse dieses Wer-
kes, das vom ersten Moment an zauberhaft die
Blicke auf sich zieht, den Beschauer mit unge-

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XXVIII. Januar 1926. 6
 
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