MICHELANGELO BUONAROTTI.
TONMODELL »MORGEN-DÄMMERUNG«
DIE TERRAKOTTEN MICHELANGELOS.
Zeitgenossen wie Vasari, Cellini, Pietro Are-
tino haben uns überliefert, daß Michel-
angelo zahlreiche Modelle in Wachs und Ton
fertigte und zwar nicht nur für die plastischen
Werke, sondern auch für Architekturstücke und
vielleicht auch für Malereien. (Vasaii und Are-
tino besassen solche Modelle und wußten diesen
Besitz zu schätzen.) „Lerne erst zu modellieren
und dann auszuführen", soll der achtzigjährige
Meister zu Giovanni da Bologna gesagt haben.
Und ein anderes Mal notiert er: „Heute, am
12. Januar 1524, begann der Tischler Bastiano
mit mir an den Modellen für die Gräber von
S. Lorenzo zu arbeiten".
Eine kleine Zahl solcher Modelle ist auf uns
gekommen. Und — ohne daß an dieser Stelle
ein stilkritischer Beweis geführt werden kann
— auch von den Stücken der Sammlung Hähnel,
die Meier-Gräfe kürzlich in einer munifizient
ausgestatteten Publikation ediert hat, dürfte
wenigstens ein erheblicher Teil von Michelan-
gelos eigener Hand geschaffen sein. (Die im
Safari-Verlag, Hamburg erschienene Mappe
„Michelangelo" enthält 40 Tafeln in Heliogra-
vüre, die sämtliche Modelle der Sammlung
Hähnel in Originalgröße wiedergegeben. Die
hier gezeigten Abbildungen sind verkleinerte
Reproduktionen einiger Bildtafeln des Werkes.)
Nicht nur die Provenienz der Arbeiten ist aus-
gezeichnet: Paulus de Praun erwarb die Samm-
lung 1598, also in einem dem Todesjahr Michel-
angelos noch nahen Zeitpunkt, in Bologna wahr-
scheinlich von Vasaris Erben. Auch spricht Auf-
fassung und Durchführung durchaus gegen die
Annahme einer von Schülern zu Lern- oder
Fälschungszwecken gefertigten Arbeit. Die Frag-
mente geben nämlich nicht nur anatomisch ko-
pierende Details der plastisch ausgeführten
Werke Michelangelos, vielmehr zeigen einzelne
von ihnen neu geschaffene rhythmische Motive
und jene skizzenhafte Konzeption, die der ge-
nialen Eingebung des Augenblicks entspringt
und beim fertigen Werk bisweilen notwendig
an Ursprünglichkeit verliert.
In welcher Absicht Michelangelo solche Mo-
delle hergestellt hat? Vielleicht um bis zur
XXVIII. Felrnar 1926. «
TONMODELL »MORGEN-DÄMMERUNG«
DIE TERRAKOTTEN MICHELANGELOS.
Zeitgenossen wie Vasari, Cellini, Pietro Are-
tino haben uns überliefert, daß Michel-
angelo zahlreiche Modelle in Wachs und Ton
fertigte und zwar nicht nur für die plastischen
Werke, sondern auch für Architekturstücke und
vielleicht auch für Malereien. (Vasaii und Are-
tino besassen solche Modelle und wußten diesen
Besitz zu schätzen.) „Lerne erst zu modellieren
und dann auszuführen", soll der achtzigjährige
Meister zu Giovanni da Bologna gesagt haben.
Und ein anderes Mal notiert er: „Heute, am
12. Januar 1524, begann der Tischler Bastiano
mit mir an den Modellen für die Gräber von
S. Lorenzo zu arbeiten".
Eine kleine Zahl solcher Modelle ist auf uns
gekommen. Und — ohne daß an dieser Stelle
ein stilkritischer Beweis geführt werden kann
— auch von den Stücken der Sammlung Hähnel,
die Meier-Gräfe kürzlich in einer munifizient
ausgestatteten Publikation ediert hat, dürfte
wenigstens ein erheblicher Teil von Michelan-
gelos eigener Hand geschaffen sein. (Die im
Safari-Verlag, Hamburg erschienene Mappe
„Michelangelo" enthält 40 Tafeln in Heliogra-
vüre, die sämtliche Modelle der Sammlung
Hähnel in Originalgröße wiedergegeben. Die
hier gezeigten Abbildungen sind verkleinerte
Reproduktionen einiger Bildtafeln des Werkes.)
Nicht nur die Provenienz der Arbeiten ist aus-
gezeichnet: Paulus de Praun erwarb die Samm-
lung 1598, also in einem dem Todesjahr Michel-
angelos noch nahen Zeitpunkt, in Bologna wahr-
scheinlich von Vasaris Erben. Auch spricht Auf-
fassung und Durchführung durchaus gegen die
Annahme einer von Schülern zu Lern- oder
Fälschungszwecken gefertigten Arbeit. Die Frag-
mente geben nämlich nicht nur anatomisch ko-
pierende Details der plastisch ausgeführten
Werke Michelangelos, vielmehr zeigen einzelne
von ihnen neu geschaffene rhythmische Motive
und jene skizzenhafte Konzeption, die der ge-
nialen Eingebung des Augenblicks entspringt
und beim fertigen Werk bisweilen notwendig
an Ursprünglichkeit verliert.
In welcher Absicht Michelangelo solche Mo-
delle hergestellt hat? Vielleicht um bis zur
XXVIII. Felrnar 1926. «