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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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Osborn, Max: Maler Eugen Zak
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0349

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MALER EUGEN ZAK.

VON MAX OSBORN.

Wir sind nur zu leicht geneigt, in der Ent-
wicklung der Kunst ein System von Be-
wegungen und Gegenbewegungen zu sehen.
Wir tun das instinktiv, und müssen es wohltun,
um für unsern armen Schädel, dem die Fülle
der Erscheinungen über dem Scheitel zusam-
menzuschlagen droht, einen geordneten Weg
durch das Chaos zu bahnen. Aber wir dürfen
dabei nie vergessen, daß die Dinge insgemein
nicht so einfach gelagert sind, wie wir sie zu
gruppieren und darzustellen pflegen. Daß viel-
mehr ein ewiges Hin- und Herfluten von Strom
und Gegenstrom den Kunstverlauf der Jahre
kennzeichnet — „wie Himmelskräfte auf- und
niedersteigen und sich die goldnen Eimer rei-
chen", goethisch-faustisch zu reden.

Die große Bewegung der bildenden Künste,
die wir heute beobachten: die Heimkehr zur
strengen und gehaltenen Form, erschien uns
zuerst lediglich als ein Rückschlag gegen die
Formzertrümmerung der expressionistischen
Ära. Das mag sie auch in gewissem Sinne ge-
wesen sein. Aber daneben ist ein anderes zu
bedenken —: einmal die Tatsache, daß die Vor-
tragsart, die wir die expressionistische nennen,
den neuen Aufbau selbst von verschiedenen
Seiten vorbereitete, und zweitens, daß wir es

hier mit einem Rückschlag nicht nur gegen die
„Zertrümmerung" der gewohnten Formenwelt,
sondern auch gegen die mildere „ Auflösung" der
älteren Formauffassung zu tun haben, die be-
reits der Impressionismus mit sich geführt hatte.
So kam es, um ein Beispiel aus einem benach-
barten Bezirk anzuführen, in der deutschen
Dichtung schon um die Mitte der neunziger
Jahre, also gleich nach Beginn der Hochblüte
des literarischen Naturalismus, zu der damals
mit Verblüffung aufgenommenen Kunstlehre des
Kreises um Stefan George. So meldeten sich
vorher in der deutschen Malerei, gerade als der
detailfrohe Realismus auf dem Gipfel seiner
Erfolge stand, die Deutsch-Römer zum Worte,
von denen Hans v. Marees am entschiedensten,
im Geiste überlieferter Großtaten, doch aus
einer neuen, modernen Empfindung, für eine
strenge Architektur des Bildes eintrat. So hatte
auch die jüngste Phase der Entwicklung ihre
Vorahner, deren Arbeit nicht erst einsetzte,
als der Überdruß an den entgegengesetzten
Prinzipien dazu zwang, sondern längst vorher
schon an die Fäden anknüpfte, die kurz zuvor
gesponnen waren und noch am Boden schleif-
ten, ohne abgerissen zu sein, gleichsam darauf
wartend, daß jemand sie wieder aufhebe.

III. März 1925. 1
 
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