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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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Zak, Eugène: Henry de Waroquier
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0361

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HJi.NKV DE WAR0QU1ER

HENRY DE WAROQUIER.

Die ersten Werke von Henry de Waroquier,
der heute das reife Mannesalter erreicht
hat, stammen schon aus dem Jahre 1900. Hier
soll jedoch hauptsächlich über seine Arbeiten
der letzten Jahre gesprochen werden.

Eigenwillig und einsam, in fast aesthetischer
Haltung, hat Waroquier die Diskussionen über
Aesthetik und Theorien gemieden. Er blieb
Einzelgängerund Autodidakt. Er blieb es auch
dann, als späterhin qualvolle und heilbringende
Zweifel an ihn herantraten. Völlig unabhängig,
betrat er nie die Schwelle einer Kunstakademie.

So von Anbeginn allein, steht er in straffer
Haltung, Auge in Auge, der Natur gegenüber.
Jeder selbstgefundene Weg, und sei es nur ein
Pfad, ist ihm lieber als fremde Wissenschaft.

Seine ersten Bilder tragen die Spuren der
Kunst des Orientes, also der chinesischen, der
indischen Kunst. Das Verständnis für diese
Kunst hat sich vor etwa 25 Jahren in Europa
zu verbreiten begonnen, und hat, wie man weiß,
weder einen Van-Gogh, noch einen Toulouse-
Lautrec, noch einen Monet oder Matisse gleich-
gültig lassen können. So wurde auch Waroquier
von ihr ergriffen. Später brachte ihn eine Reise

nach Italien und eine zweite nach Spanien, wo
er die Kenntnis von Giotto und Greco, dieser
polar entgegengesetzten Erscheinungen, erwarb,
aus den verzauberten Gärten des Orients zu
der Wirklichkeit, der er angehörte, zurück.

Dies sind die hauptsächlichen Entwicklungs-
momente in Waroquiers Lebensgang und in der
Gestaltung seines künstlerischen Bewußtseins.

Seine Intelligenz und Ehrlichkeit, die nach
Sicherheit verlangten, verboten Waroquier, sich
in Abenteuer zu stürzen, deren Notwendigkeit
er nicht mit voller Klarheit einsah. Er blickte
die Natur mit neuen Augen an, und anstatt den
Lyrismus aus sich selber zu schöpfen, ließ er
ihn aus einem langsamen und geduldigen Be-
trachten der Dinge hervorsprühen. In seinen
ersten Arbeiten war er, um an das Gefühl der
Beschauer heranzukommen, gezwungen, jene
Landschaften wiederzugeben, die eine Allen
verständliche Schönheit enthalten. Heute kann
er dieselben Emotionen durch die Wiedergabe
der bescheidensten Motive hervorrufen.

Als er bei jenen französischen Meistern, die
seine Rasse am besten vertreten, in die Lehre
ging, begeisterte er sich auch an ihrer Entsag-

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XXVI II. März 1925. 2*
 
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