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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 55.1924-1925

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Zak, Eugène: Henry de Waroquier
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https://doi.org/10.11588/diglit.9178#0366

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Keine Posen, keine Gesten, sondern das ruhige
Auftreten eines eigenen Charakters, der sich
mit Schärfe und Leidenschaft, mit einer selte-
nen Klarheit des Bewußtseins ausdrückt, der
aber auch jene hohen Anforderungen an sich
selber stellt, ohne die keine große Leistung
möglich ist. Und trotzdem ist es ein freies
Werk; denn darüber darf man sich nicht täu-
schen : die Freiheit in der Kunst hat nichts mit
Liederlichkeit zu tun.

Die Sehweise Waroquiers zeigt, wieviel Sinn
dieser Künstler für das Architektonische hat,
für das Große überhaupt, wieviel Liebe für
schöne Stoffe und seltene Harmonien. Er gibt
den Landschaftsbildern jenes wichtige Element
wieder, das ihnen schon so lange fehlt: das Ge-
fühl, die Empfindung, einerlei, ob sie freu-
dig, ernst oder gar tragisch geartet ist.

Aber Waroquier bleibt stets der Wirklich-
keit treu; er will nur in ihr die verborgene, oft
bittere und schwere Größe entdecken. Seine
Bilder gewinnen uns mehr durch ihre Kraft, als

durch ihren Reiz. Aber Kraft kann Reiz bedeu-
ten, wenn sie die überlegene Autorität erreicht.

Die letzten Arbeiten Waroquiers scheinen
der Natur zuzulächeln; eine schöne Entspan-
nung, ein frisches Wehen macht sich als ein
milderndes Element in den edlen, strengen
Regionen, die Waroquier bewohnt, bemerkbar.

Seinen Bildern entströmt eine mächtige sug-
gestive Kraft, die wir vielleicht bei keinem an-
deren zeitgenössischen Maler wiederfinden, und
zugleich ein Sinn für das Wirkliche und eine
Naturtreue, die uns zeigen, daß der Künstler
dem Geheimnis der Natur — um das es sich
für ihn allein handelt — auf einem redlichen Weg
nachgegangen ist, auf dem Weg des sorgfältig-
sten Studiums, das die Gestalt der Dinge nach
Tiefe und Breite und nach jedem Detail der
Form zu belauschen und aufzufassen sucht.

Zahlreich und verschiedenartig sehen wir
heute die Werke Waroquiers, und sie gehören
unter diejenigen, die als die persönlichsten
Werke unserer Zeit bleiben werden, kugkn zak.
 
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