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Rundbogen-Styls. Das Mittelstück zeigt in den vier Ecken die Symbole der vier Evangelisten
auf schwarz inkrustirtem Grunde, der Flügel rechts oben den heil. Georg mit dem Drachen
auf grün inkrustirtem Grunde. Aus dieser Figur schliessen wir, dass dieses Reliquiarium für
einen D. 0. Ritter, und zwar im XIV. Jahrhunderte, angefertigt wurde, um ihn auf seinen Zügen
als Orarium zu begleiten. Der heil. Georg, sowie sein Pferd, sind ohne jegliche Verzierung in
der vom D. Ordensbuche vorgeschriebenen einfachen Kriegstracht mit dem D. 0. Kreuze auf der
Brust dargestellt. Das zum Schliessen eingerichtete Visier des heil. Georg ist zu charakteristisch,
als dass man an der Zeit irre werden könnte. Unten in diesem Flügel steht die gekrönte Ma-
donna und die heil. Katharina, am Flügel links oben der Heiland, wie er auf seine Seitenwunde
zeigt, und ihm gegenüber eine trauernde Frau; unten zwei gekrönte Figuren ohne jeglichen
Emblemen, daher schwer zu deuten, vielleicht Madonna und der segnende Heiland. Zwischen
diesen sechs von Silber gegossenen und sehr stark vergoldeten Figuren, welche auf rother In-
krustation stehen, waren ehedem Reliquien befestigt; diese, sowie die Figuren, stehen in runden
vergoldeten Arkaden. Auf der äusseren Fläche waren durch Punzen zwei Figuren angebracht,
die jetzt verwischt sind. Aufmerksam machen wir auf die schöne Ornamentik, welche die Dick-
seite des Reliquiariums ziert und charakteristisch auf das XIV. Jahrhundert hinweist.

Aus einer viel späteren Zeit stammt der Fuss des Altärleins, worauf das geschmelzte
Wappen des Herrn von Neuneck. Form und Arbeit verrathen das XV. Jahrhundert, und wirklich
war damals ein Melchior von Neuneck im D. Orden. Um das Jahr 1450 und 1455 erscheint
er als Comthur zu Horneck, 1462 zu Mergentheim, 1463 zu Ellingen, und zwischen 1463 und
1489 als Landcomthur der Ballei Franken. Das Gestell ist so angebracht, dass das Triptychon
abgeschraubt werden konnte, was für Reisen zweckmässig war.

Die Fassung der Reliquien selbst und das Agnus Dei in der mittleren Tafel fällt in das
XVII. Jahrhundert, und ist eine gewöhnliche Nonnenarbeit ohne jegliche Bedeutung. Von den
weiteren Schicksalen dieses Altärleins ist bekannt, dass es um das Jahr 1643 schon wieder in
Ingolstadt sich befand, dort den 7. September 1654 und den 7. Mai 1661 revidirt wurde. Dass
es in diesem Jahre abermals nach Kapfenburg kam und dort die Geschicke der Commende und
ihrer Schätze theilte, bis 1803 das Silber von den Commenden nach Mergentheim abgeliefert
und grösstentheils zum Nutzen des Ordens verwerthet wurde. Damals kam das Reliquiarium
erst in den D. 0. Schatz, und erhielt sich daselbst trotz der gewaltigen Silber-Ablieferung, welche
alles alte Kirchensilber des deutschen Ordens unwiederbringlich dem Schmelzofen zuführte.

Wir können nicht umhin, bei dieser Gelegenheit auf einige ältere Reliquiarien, die einen
hohen künstlerischen und materiellen Werth hatten, aufmerksam zu machen, und die noch in den
Inventaren von 1803 als Deutschordensgut angeführt werden. Auch ihnen hat die Silber-Ab-
lieferungs-Commission in Wien ein Ende gemacht. Wir führen an:

1. Ein massiv goldenes, spanisches Kreuz, mit zwei Kreuz-Partikeln und mit 29 Edel-
steinen besetzt. Der Fuss von Silber und vergoldet, ebenfalls mit guten Steinen geziert, wog
3 Mark, 13 Loth und 2 Quentchen.

2. Eine mit 110 Stück Rosetten, 34 Stück Diamanten, 259 Stück Rubinen, 144 Stück

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