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Stein“ blieb übrig. Dieser rare blaue Stein ist ein schöner lauchgrüner Nephrit, 6 Cent, hoch,
14 lang und 7 breit. Erinnert man sich, dass der Nephrit noch im XVII. Jahrhunderte als
Gesundheitsstein im hohen Ansehen stand, dass er als Amulet gegen verschiedene Krankheiten
gebraucht wurde, dann wird es uns begreiflich, wenn ein im Grunde unschönes Gefäss im
D. 0. Schatze eine Stelle finden konnte; denn das Seltene, das Ungewöhnliche ward beliebt und
gesucht; so, um nur noch ein Beispiel anzuführen, die Bezoare.

Schon der Name — im persischen Bedzahar, Gegengift — zeigt an, dass der Bedzoar oder
auch Besar als Antidotum wider alle Vergiftungen und contagiösen Krankheiten galt. Mandeville
sagt in seinem Lapidaire: „Besar est pierre trouvee dans le focil d’un cerf apres quil a mange
le serpent, et vaut contre empoisonnement et contre tout venin et prete ä celui qui le porte courage
et hardiesseBekanntlich ist der Bezoar eine im Magen der Rehe und Antilopen sich bildende
Kugel, die aus vegetabilen und alkalinischen Stoffen besteht, die schichtenartig übereinander liegen
und eine feine Politur annehmen. Man theilte sie in orientalische und occidentalische ein; die Er-
steren standen ihrer feinen Textur wegen in höherem Werthe. Heutzutage weiss man freilich,
dass die Textur von der Nahrung des Thieres abhängt. Erzherzog Maximilian hielt sehr viel auf
die Bezoare. In seiner Sammlung finden sich mehrere vor, die in Gold gefasst waren. Bei einem
ungefassten ist auch der Preis angegeben; er ward um 1619 auf 190 fl. geschätzt! Dann sieht
man, dass es seiner Zeit auch unechte, nachgeahmte oder präparirte Bezoare gab; so heisst es
unter andern: „ein praeparirter Stein von Bezoar und Contraherba in der Grösse eines Gansei;“
weiter: „ein flacher, ablangleter, pollirter Bezoar in Gold eingefasst mit dem österreichischen
Wappen.“ Dann „in einer runden rothen Gestädel kleine runde Bezoar, so meisten Theils nicht
recht, mehr ein orientalischer grosser Bezoar in einem goldenen Einfang.“ Dieses Exemplar ist
im D. 0. Schatze noch vorhanden, und wird im Inventare vom Jahre 1673 deutlicher also be-
schrieben: „ein Bezoar im goldenen Drahtkapsel gefasst, 19 Cronen schwer.“ Er hat eine ellip-
tische unregelmässige Form, sieht braunglänzend aus und befindet sich in einer filigranartig ge-
arbeiteten Kapsel, die in zwei gleiche Hälften getheilt, an der Charniere einen starken Goldring
hat, um den Bezoar sammt dem Goldbehältniss aufhängen zu können. Dieses Aufhängen mochte
üblich gewesen sein, weil in den Verzeichnissen des D. 0. Schatzes auch ein grosses Gefäss
vorkommt mit einem Horn, worin ein Bezoar hängt. Noch 1673 schätzte man einen in Gold gefassten
Bezoar auf 1 05 Vs und einen ungefassten auf 107 3/4 Kronen Gewichts. Gegenwärtig bewahrt der
D. 0. Schatz nebst dem obangegebenen und diesen zwei schon 1673 erwähnten noch zwei
kleinere, demnach im ganzen fünf, was als ein Beweis dienen kann, wie sehr man diese Natur-
produkte im XVII. Jahrhunderte überschätzt hatte.

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