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er zuvor an das Ufer“ — hörte er, kaum an’s Ufer gelangt, die Stimme seiner Gattin, denn
„das vertraute Pfand zu veruntreuen trachtet Nessus“, welcher Dejanira trägt. Jetzt ergriff
Hercules Pfeil und Bogen und schoss den Halbmenschen nieder, „extabat ferrum de pectore
aduncum. “

Was hier Ovid mit beredter Zunge sagt, hat die Geschicklichkeit des Künstlers plastisch
dargestellt. Eben schoss Hercules, an seiner Löwenhaut kennbar, den Pfeil ab, die Keule liegt
zu seinen Füssen. Nessus ist tödtlich verwundet, es erdröhnt der Schmerzensschrei; sogar die
Pelikane erschrecken darob in ihrem Schilfe, in welches der Flussgott seine nasse Gabe reich-
lich strömen lässt. Hinter ihm sind zwei Gestalten sichtbar; die Ufer des Flusses Evenus um-
geben Castelle. Vorzüglich schön sind die Wasserpflanzen, die beiden Pelikane und der Pferds-
theil des Nessus gearbeitet. In Mitte des Bodens ist auf einer erhöhten Platte, die den Zweck
hat, der darauf gestellten Kanne grösseren Halt zu geben, in schwarzem Email die Dedication.
Sie lautet in lateinischem Uncial:

„ANNO DOMINI: 1615 HAT
HERR IOHAN EVSTACHIUS
VON WESTERNACH. T. 0. RITER
DIS SILBERE VERGVLTE KANTEN
VN D BECKE SAMBT ANDERM ZU
DISEM HAVS KAPFENBURG EWIG
DARBEI ZVVERBLEIBEN VON
SEINEM AIGNEM ZV GVTEM
ANDENCKN VERORDNET.“

Die 26 Cent, hohe Kanne schliesst sich in der Technik und im Material vollkommen dem
Becken an. Der Henkel stellt eine Jungfrau dar.

Mit dem geflüchteten Kapfenburger Silber kam Kanne und Becken 1633 nach Ingolstadt:
„ein silber und vergoldeter Handbecken sammt Giesskanten, so von Herrn von Westernach dem
Haus Kapfenburg zugeeignet worden.“ Im Jahre 1660 befand sich dies Gefäss in Wien und
wurde dort auf 12 Mark 15 Loth angeschlagen. Damals besass der Ordensschatz: „zwei hohe
vergoldete Schenkkanten in Futteralen von 23 Mark 2V2 Loth, dann eine Giesskante sammt dem
Becken mit geschmelztem Hund’schen Wappen von 12 Mark 2 Loth, ein silbernes, auf die Zier
vergoldetes Giessbecken sammt den Kandl mit ähnlichem Wappen von 12 Mark '/2 Loth; 1673
ein ähnliches Gefäss mit Namen und Wappen des Erzherzogs Karl im Gewichte von 14 Mark 15
Loth, zwei mit Hündischem Wappen, 27 Mark schwer u. s. w.“, Beweis, dass das grosse Buffet im
Mergentheimer Schlosse diese Hauptzierden ebenfalls nicht vermisste. Was jetzt nur noch bei grossen
Festlichkeiten an den abendländischen Höfen üblich, war im Beginne des XVII. Jahrhunderts Be-
dürfnis eines jeden grösseren Hauses. Mit dem Kapfenburger Silber kam 1803 auch dies Handbecken
in den D. 0. Schatz und entging glücklich der unbarmherzigen Silberablieferungs - Commission.

Bedauern müssen wir, dass unsere Inventare nicht über das Jahr 1500 hinaufreichen
und nur das eigentliche Deutschmeisterthum betreffen. Ueber die Silberkammer und das Buffet

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