Dürer, Hieronymus: Das Wandelbahre Glück: in einer angenehmen und wahrhafften Liebes- und Lebens-Geschichte des verkehrten und wieder bekehrten Tychanders, vorgestellet (Leipzig , Braunschweig, 1742) [VD18 14337118]

Lieb, und Lebens, Geschichte. Mi
stellten sich darauf vor den Tisch, als ob sieaufwarten
Wolken. Ich sähe ihnen theils vor Furcht, theils vor
«Verwunderung entzückt über solchen Handel zu, und
verlangte mich zu vernehmen, was doch endlich daraus
werden wolte: Da wurde ich gleich eines alten grauen
Mannes gewahr, der ebenmäßig wie die vorigen aus
Der Wand schiene heraus zu kommen, eines ehrbaren
Ansehens, und ziemlich prächtig, jedoch auf gar alte
Manier gekleidet, welchem ein altes auf gleiche Art ge-
kleidetes Weib nachfolgte. Sie satzten sich beyde zu
Tische, und affen meinem Bedüncken nach eben lang,
ungesagt einhiges Wortes, also, daß mir Zeit und
Weile drüber lang wurde. Zuletzt als ich erachtete, die
Mahlzeit wäre nun fast geschehen, sähe sich der alte
Mann nach mir um, worüber mir die Haare zuBerge
stunden, und fragte die vor dem Tisch stehende und
gleichsam aufwartende Geister, was ich vor einer wä-
re? Auf Antwort: Daß sie es nicht wüsten, hieß er
einen zu mir gehen, und mich fragen: Dem gab ich zur
Antwort: Ich wäre ein armer reisender Kerl, und
weil ich sonst nirgends Herberge haben können, hätte
ich hierin mein Nacht,Lager genommen. Wie ihm
diß Gespenst solches berichtete, hieß er mich aufstrhen,
und zu sich an die Tafel setzen. Ich entschuldigte mich
Anfangs, und weigerte mich lang, es wolte aber nichts
heissen, ich muste mit an den Tisch, erlegte mir stracks
allerhand Speisen vor, nöthigte mich zu kffen, und
tranck mir auch ein paar mahl zu, ich aber wolte weder
essen noch trincken, und entschuldigte mich, daß ich um
solche Zeit zu speisen ungewohnt wäre. Das habe ich
dir, antwortete er, ntcht gerathen: Hättest du einen
Bissen genossen, so hätte ich dir wollen den Hals zer-
brechen; Weil du dich aber enthalten hast, so soll alles