Dürer, Hieronymus: Das Wandelbahre Glück: in einer angenehmen und wahrhafften Liebes- und Lebens-Geschichte des verkehrten und wieder bekehrten Tychanders, vorgestellet (Leipzig , Braunschweig, 1742) [VD18 14337118]

Lieb-und Lebens-Geschichte.' nx

Diesemnach wurde ich nickt von der Liede allge-
mach eingenommen, sondern plötzlich überfallen, rmd
zwar mit solcher Macht, daß ich nicht wußte, was ich
weiter antworten solle, und stund eine Weile gantz
erstarret, und gleichsam entzückt, und betrachtete mit
Verwundern dieses Kunst-Stück der Natur. Bald
sieng ich an sie zu trösten, und solch Vornehmen aM
dem Sinn zu reden, mit Versprechen, daß ich wider
alle Gewaltthätigkeit sie beschützen, und so gar mein
Blut dey ihr aufsetzen wolle, so fern sie mir nur wolle
vertrauen, und mich zum Gekehrten ihrer Reife armeh-
Men. Anfangs wolle sie gantz nicht von-ihrerMeynung
adstehen, mit Vorwand, daß.sie nach Verlust ihrer Eh^
renunmüglich länger leben könte, doch liesse siesich letz-
Sich bereden, daß sie sich wieder auf ihr Pferd satzte,
und mir durch den Wald nachfvlgte. Es war gleich
Mittag, als wir desselben Ende erreichten, und auf
«ine schöne grosse Ebene kamen, welche rinas umhex
mit lustigen Dörffern und schönen Edel-Höfen gezie-
ret war: Weil nun die Hitze groß, und diese meine
schöne Gefährtin sehr ermüdet, auch keine feindliche
Gefahr mehr zu befürchten war, liessen wir uns nieder
dep einer sehr schönen Quelle, die da mit Cryfiallen-
klarem Wasser über die Kiesel-Steine sehr anmuthig
vorüber rauschte, und in der in grosser Menge sich da-
herum befindlichen Vögel süsses Zwitzern gleichsam
als eine Baß - Geige mit einstimmeke. Als wir uns
«m diesem schönen Orte nieder gelassen, und mitSpeise,
Lessen meine schöne Gefährtin ein wenig auf dem Pfer-
de mit sich führte, so wohl auch aus aedochter Quelle
rms erfrischet hatten, und von der Schönheit dieses
Ottes gereihel, wie auch durch übermäßige Hitze ge-
drunZrn, den Tag daselbst zu verzehren beschlossen, und
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