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1
t
i.
Der gehörnte Siegfried «nd dir
Nibelungen.
Don Z. G ö r r e S.
In meiner Schrift über die teutschen Volksbücher *) hatte ich
vey Gelegenheit des gehörnten Siegfrieds ausgesprochen, nach
*) In dieser Schrift (Heidelberg, bey Mohr und Zimmer 1807)
finden wir Herausgeber eine Einsiedelei beschrieben, die wir
uns ähnlich wünschen. (S. 246) »Eine stille einsame Kapelle
in tiefer Waldeseinsamkeit, der Poesie, der Treue, der Er-
gebung gebaut, um die rund umher sich eng verschlungnes
Dickicht zieht, über der alte Eichen in heissem ^ornmerMeS
Brand flüsternd sich bewegen, durch deren Zwerge gebrochen
dann das Licht durchstreift, und ern Schatrengewolbe über die
Wände gießt und spielend an ihnen auf und nieder zittert,
während von innen halbdunkle Kühle, erfti1chen.de Sritte
herrscht, und hinten in der Nische das Biw der Heiligen
dämmernd und freundlich durch das Ottcer blickt, vor der
Waldblumen halbwelkend niederhängen mrd mmn auf der
Die über Meer waren gefahren.
Denen gefangnen Mann
Lcgete man gut Gewand an
Und kleidete sie fleissigliche/
Das kam von Dictheriche,
Der Tisch war bereitet/
Berther der reiche
War Truchsaße /
Die weile seine Kind aßen.
Als nun die Herren säße»/
Ihres Leides ein Thcil vergäße»/
Da nahm der Recke Dietherich
Eine Harfe / die war herrlich/
Und schlich hinter den Umhang,
Wie schnell eine Weise daraus klang.
Wellichcr begunntc trinken/
Dem begunnt' es nieder sinken/
Daß er's ans den Tisch vergoß/ welcher aber schnitt das
Brod/
Dem entfiel das Messer durch Roth,
Sie wurden vor Freuden sinnelos/
Wie mancher sein Trauern verlohr.
Sie saßen alle und horten
Woher das Spiel zu ihnen kehrte.
Laute die eine Weise klang/
Leopold über den Tisch sprang
Und der Grafe Erwin/
Sie hiessen ihn willekommen sein
Dem reichen Harfner
Und küßten ihn sehr.
Wie rechte die Fraue da sah/
Daß eö der König Nother war.
35
Das wand er um den Leib (ein /
Da war der edele Mann
Zum Erbarmen getha»/
Zerschunden und zerschwellt.
Dietherich der gute Held
Stund traurig von Leide
Und wollte doch nicht weinen
Um die gefangnen Man».
Berther der alte Mann
Ging allenthalben
Die Gefangnen betrachtend/
Da reuete ihn keiner hier
Mehr als seine schönen Kind.
Dietherich der Herr«
Hieß die Bothen edel
Führen zu den Herbergen sein/
Nur Leopold und Erwin
Die ließ man alleine gähn/
Zurücks blieb kein Mann.
Da sprach Erwin der edle:
Leopold/ traut Herre/
Sahst d» einen grauen Mann
mit dem schönen Barte stahn.
Der mich beschauete
Und viel trauerte?
Herum er sich kehrte
Und rang seine Hände/
Er durfte nicht weinen
Und war ihm doch nie so leibe
Vielleicht daß Gott der gute
Durch seine Barmunge
Ein groß Zeichen will begahn,
Daß wir kommen von dannen.
Das ist wahr / Bruder mein /
Es mag wohl unser Vater sein.
Da lacheten sie beide
Von Freuden und von Leide.
Die elenden Gäste
Waren frei nicht länger
Bis an den anderen Tag.
Die Jungfraue ihren Vater bar
Daß er sie dahin gehen liesse /
Sie wollte ihnen selber dienen.
Urlaub ihr der König gab/
Wie schnelle sie über den Hof hintrat/
Zu dem Herren Dietheriche.
Da hieß man allzugleiche
Die fremden Ritter ausgahn /
Darinne blieb kein Mann
Als -er Bothen Magen,
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Der gehörnte Siegfried «nd dir
Nibelungen.
Don Z. G ö r r e S.
In meiner Schrift über die teutschen Volksbücher *) hatte ich
vey Gelegenheit des gehörnten Siegfrieds ausgesprochen, nach
*) In dieser Schrift (Heidelberg, bey Mohr und Zimmer 1807)
finden wir Herausgeber eine Einsiedelei beschrieben, die wir
uns ähnlich wünschen. (S. 246) »Eine stille einsame Kapelle
in tiefer Waldeseinsamkeit, der Poesie, der Treue, der Er-
gebung gebaut, um die rund umher sich eng verschlungnes
Dickicht zieht, über der alte Eichen in heissem ^ornmerMeS
Brand flüsternd sich bewegen, durch deren Zwerge gebrochen
dann das Licht durchstreift, und ern Schatrengewolbe über die
Wände gießt und spielend an ihnen auf und nieder zittert,
während von innen halbdunkle Kühle, erfti1chen.de Sritte
herrscht, und hinten in der Nische das Biw der Heiligen
dämmernd und freundlich durch das Ottcer blickt, vor der
Waldblumen halbwelkend niederhängen mrd mmn auf der
Die über Meer waren gefahren.
Denen gefangnen Mann
Lcgete man gut Gewand an
Und kleidete sie fleissigliche/
Das kam von Dictheriche,
Der Tisch war bereitet/
Berther der reiche
War Truchsaße /
Die weile seine Kind aßen.
Als nun die Herren säße»/
Ihres Leides ein Thcil vergäße»/
Da nahm der Recke Dietherich
Eine Harfe / die war herrlich/
Und schlich hinter den Umhang,
Wie schnell eine Weise daraus klang.
Wellichcr begunntc trinken/
Dem begunnt' es nieder sinken/
Daß er's ans den Tisch vergoß/ welcher aber schnitt das
Brod/
Dem entfiel das Messer durch Roth,
Sie wurden vor Freuden sinnelos/
Wie mancher sein Trauern verlohr.
Sie saßen alle und horten
Woher das Spiel zu ihnen kehrte.
Laute die eine Weise klang/
Leopold über den Tisch sprang
Und der Grafe Erwin/
Sie hiessen ihn willekommen sein
Dem reichen Harfner
Und küßten ihn sehr.
Wie rechte die Fraue da sah/
Daß eö der König Nother war.
35
Das wand er um den Leib (ein /
Da war der edele Mann
Zum Erbarmen getha»/
Zerschunden und zerschwellt.
Dietherich der gute Held
Stund traurig von Leide
Und wollte doch nicht weinen
Um die gefangnen Man».
Berther der alte Mann
Ging allenthalben
Die Gefangnen betrachtend/
Da reuete ihn keiner hier
Mehr als seine schönen Kind.
Dietherich der Herr«
Hieß die Bothen edel
Führen zu den Herbergen sein/
Nur Leopold und Erwin
Die ließ man alleine gähn/
Zurücks blieb kein Mann.
Da sprach Erwin der edle:
Leopold/ traut Herre/
Sahst d» einen grauen Mann
mit dem schönen Barte stahn.
Der mich beschauete
Und viel trauerte?
Herum er sich kehrte
Und rang seine Hände/
Er durfte nicht weinen
Und war ihm doch nie so leibe
Vielleicht daß Gott der gute
Durch seine Barmunge
Ein groß Zeichen will begahn,
Daß wir kommen von dannen.
Das ist wahr / Bruder mein /
Es mag wohl unser Vater sein.
Da lacheten sie beide
Von Freuden und von Leide.
Die elenden Gäste
Waren frei nicht länger
Bis an den anderen Tag.
Die Jungfraue ihren Vater bar
Daß er sie dahin gehen liesse /
Sie wollte ihnen selber dienen.
Urlaub ihr der König gab/
Wie schnelle sie über den Hof hintrat/
Zu dem Herren Dietheriche.
Da hieß man allzugleiche
Die fremden Ritter ausgahn /
Darinne blieb kein Mann
Als -er Bothen Magen,