Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Zeitung für Einsiedler.
§808. 2 8 ——-6. Iul

Von dem Leben und Sterben des Gra-
fen Phöbus von Foix.
(Fortsetzung. Nergl. 10. Stück.)

V. Don dem Geist Orthon, einem schnellen
ZeitungSbothen.
Sehr wunderbar und nachdenklich ist eine Sache,
und ich werde , so lange ich lebe, sie nicht vergessen,
welche mir ein Hofmann erzählte, der mir auch die
unglückliche Schlacht bey Juberoth erzählt hatte; es ist
ganz wahr, wie er mir sagte, daß den Tag nach dieser
Schlacht der Graf von Foix schon darum wußte , und
war ich höchlich erstaunt, wie das möglich sey, und den
ganzen Sonntag und den Montag und den folgenden
Dienstag war er auf seinem Schloß zu Ortais so still
und betrübt, daß man kein Mort aus ihm bringen konn-
te, auch wollte er in diesen drcy Tagen seine Stube
nicht verlassen, noch mit einem Ritter oder Hofdiener
sprechen, so vertraut er ihm auch gewesen sey, und ließ
er deren welche zu sich kommen, aber redete nicht mit
ihnen. Den Dienstag Abend ließ er seinen Bruder Ar-
nauld Guillaume rufen, und sagte ihm ganz leise: Unsre
Leute haben zu schaffen gehabt, worüber ich gar trau-
rig bin, denn dieser Heerzug ist ihnen so bekommen,
wie ich es ihnen bey der Abreise wohl vorher gesagt habe.
Arnauld Guillaume, der ein sehr kluger Mann ist, und
die Art und Beschaffenheit seines Bruders wohl kannte,
schwieg ein wenig, und der Graf, der seinen Muth auf-
heitern wollte, denn nur gar zu lang hatte er seinen
Verdruß mit sich herum herum ertragen, nahm das
Wort von neuem und sprach lauter als vorher: bey Gott,
Messrre Arnauld, so ist eS, wie ich euch gesagt, und
werden wir bald Nachricht davon hören. Aber niemals
noch hat das Land Bearn seit hundert Jahren an einem
Tag so viel verloren, als diesmal in Portugal!. Meh-
rere Ritter und Hofdiener die zugegen waren, und diese
Rede des Grafen hörten, getrauten sich nicht zu spre-
chen , und machten ihre Anmerkungen im Stillen darü-
ber. Zehn Tage nachher hörte man die Wahrheit wohl
von denen, die dabei gewesen waren, und die gern je-
dem erzählten, der es hören wollte, wie eS zu Juberoth
bergegangen war. Da erneute sich die Trauer des Gra-

fen und aller derer, welche dabei ihre Brüder, Anver-
wandte, Kinder oder Freunde verloren hatten. Heilige
Mar a, sagte ich zu dem Hofmann, der mir die Ge-
schichte erzählte, aber wie ist eS nur möglich, daß der
Graf von Foix eine solche Nachricht so schnell wissen
oder crrathen kann, als von heut auf Morgen? Meiner
Treu, sagte er, er wußte es wohl, wie cs sich zeigt.
So muß er denn ein Wahrsager seyn, sagte ich, oder
er hat Boten , die auf dem Wind reiten, oder er hat
irgend eine Kunst. Der Hofmann lachte und sagte:
Wahrscheinlich muß er eS durch irgend Zauberey erfah-
ren, aber wir wissen eigentlich hier zu Land nicht, wie
er es macht, und haben darüber nur eine Vermuthung.
Da sagt ich zu dem Hofmann: Und diese Vermuthung,
wollt ihr mir sie wohl sagen, und wenn es eine Sache
ist zum Verschweigen, so will ich sie wohl verschweigen,
und niemals, so lang ich auf der Welt oder in diesem
Land bin, den Mund darüber aufrhun. Ich bitte euch
drum, sagte der Hofmann, denn ich wollte nicht gern,
daß man es wüßte, wie ihr es von mir erfahren, doch
spricht man wohl unter feinen Freunden davon. Nun
zog er mich in einen Winkel der Kapelle im Schloß Or«
tais, und begann seine Erzählung folgendermaßen:
Es sind wohl ohngefähr zwanzig Jahre, daß in die-
sem Lande ein Baron lebte, der sich Raymond Seigneur
de Corasse nannte, Coraffe, damit ihr mich recht ver-
steht, ist eine Stadt sieben Stunden von dieser Stadt
OrtaiS, der Seigneur de Corasse hatte damals einen
Prozeß zu Avignon vor dem Papst, wegen der Zehnden
der Kirche in seiner Stadt, gegen einen Pfaffen von
Castellogne, der sehr reich fundirt war. Dieser klagte,
daß er ein groß Recht auf die Zehnden von Corasse ha-
be, die wohl eine Einnahme von ioo Gulden betrugen,
und das Recht, das er darauf hatte, zeigte und bewieß
er. Denn durch ein letztes Urtheil vor dem ganzen
Konsistorium verdammte der Papst Urban der V. den
Baron, und entschied für den Pfaffen. Dieser nahm
eine Abschrift des UrtheilS, und ritt so schnell als mög-
lich nach Bearn, zeigte seine Bullen und Briefe, und
ließ sich kraft derselben in Besitz des Zehenden sitzen.
Der Baron, der sich wohl der Geschäfte des Pfaffen
vermuthete, ging ihm entgegen und sagte zu ihm: Mei-
ster Peter oder Meister Martin, wie er dann hieß, denkt
ihr dann, daß jch durch eure Briefe mein Erbe verlie-
 
Annotationen